USt bei Veräußerung einer Patient:innenkartei
Im Umsatzsteuergesetz finden sich diverse Ausnahmen von der Umsatzsteuerpflicht, wobei eine solche Umsatzsteuerbefreiung in der Regel mit dem Verlust des Vorsteuerabzugs einhergeht. Eine dieser Umsatzsteuerbefreiungen betrifft Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, wenn sie im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit durchgeführt werden.
Darunter versteht man die Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten. Auch mit dieser Tätigkeit im Zusammenhang stehende Lieferungen von Gegenständen (Hilfsgeschäfte) sind befreit, wenn der:die Unternehmer:in für diese Gegenstände keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte und die gelieferten Gegenstände ausschließlich für die steuerfreie Tätigkeit verwendet hat.
Verkauf der Patient:innenkartei
Eine Ärztin für Allgemeinmedizin gab ihre Ordination Ende 2016 an einen Nachfolger ab und veräußerte dabei ihre Patient:innenkartei für € 30.000. Diese Kartei enthielt wertvolle Informationen über die Krankengeschichte ihrer Patient:innen. Das Finanzamt betrachtete die Veräußerung als umsatzsteuerpflichtig und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest. Die Ärztin argumentierte dagegen, dass die Überlassung der Patient:innenkartei entweder ein steuerfreier Umsatz aus Heilbehandlungen oder eine steuerfreie Lieferung ihrer steuerbefreiten Tätigkeit (Hilfsgeschäft) anzusehen ist.
Entscheidung des BFG
Das Bundesfinanzgericht (BFG) entschied, dass die Veräußerung der Patient:innenkartei nicht unter die steuerfreien Umsätze aus einer ärztlichen Tätigkeit fällt, da die Patient:innenkartei nicht direkt der Heilbehandlung dient. Konkret handle es sich hierbei um ein Geschäft zur Förderung, Aufrechterhaltung und Fortführung sowie zur allfälligen Auflösung der Ordination. Folglich ist der Tatbestand lediglich die Übergabe von Informationen, die für nachfolgende Ärztinnen und Ärzte nützlich sein mögen, aber nicht die unmittelbare Heilbehandlung darstellen.
Eine Umsatzsteuerbefreiung für Lieferungen von Gegenständen war ebenfalls nicht gegeben, da der Unternehmer keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte und die ausschließlich für die steuerfreie Tätigkeit verwendet hat, ist das begünstigende Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Da der Verkauf einer Patient:innenkartei allerdings letztlich mit der Übertragung eines Kund:innenstocks und dies eine nicht-körperliche Dienstleistung darstellt, ist auch dieser Befreiungs-Tatbestand nicht erfüllt.
Fazit
Die Veräußerung eines Kund:innenstocks oder einer Patient:innenkartei durch Ärztinnen und Ärzte wird aufgrund der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes als sonstige Leistung und nicht als Lieferung angesehen und unterliegt daher der Umsatzsteuer.