Neue SV-Trinkgeldpauschalen im Hotel- und Gastgewerbe ab 2026

Das bisherige System der Trinkgeldpauschalierung für Zwecke der Sozialversicherung ist nicht nur kompliziert und unübersichtlich, sondern führt in der Praxis auch zu Rechtsunsicherheiten. So werden Betriebe in letzter Zeit im Rahmen von Lohnabgabenprüfungen immer wieder mit Beitragsnachforderungen der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) konfrontiert, wenn Trinkgelder im Einzelfall nachweislich (z.B. bei Kreditkartenzahlungen) oder aufgrund Schätzung deutlich höher waren als die jeweiligen – von den Sozialversicherungsträgern festgesetzten bundeslandunterschiedlichen – Trinkgeldpauschalen. Nach langen Verhandlungen haben sich Regierung und Sozialpartner nun darauf geeinigt, die Gesetzesgrundlage für Trinkgeldpauschalen ab 01.01.2026 anzupassen. Im Hotel- und Gastgewerbe gibt es auch schon eine konkrete Einigung über die österreichweit einheitlichen Trinkgeldpauschalen ab 01.01.2026.

Gesetzesnovelle zum ASVG und AVRAG (betrifft alle „Trinkgeldbranchen“)

Es wird eine gesetzliche Grundlage für die Festsetzung bundesweit einheitlicher Trinkgeldpauschalen geschaffen. Die diesbezügliche Novelle zum ASVG, die sich derzeit in Begutachtung befindet (bis 08.09.2025), ist naturgemäß vor allem für das Hotel- und Gastgewerbe von Bedeutung, bezieht sich aber auch auf andere Branchen mit Trinkgeldern. Der gesetzliche Rahmen für Trinkgeldregelungen soll ab 01.01.2026 in mehrfacher Hinsicht angepasst werden:

  • Keine SV-Pflicht für Trinkgelder, die über den Pauschalbeträgen liegen: Es wird gesetzlich klargestellt, dass die festgesetzten Pauschalbeträge Maximalbeträge sind. Dadurch sollen die tatsächlich vereinnahmten Trinkgelder nur herangezogen werden können, sofern sie geringer ausfallen als der festgesetzte Pauschalbetrag. Das tatsächliche Trinkgeld wird daher, selbst wenn es im Einzelfall nachweislich höher ist als der jeweilige Pauschalbetrag, ab 01.01.2026 nicht mehr für die SV-Beitragsgrundlage herangezogen.
  • „Amnestie für die Vergangenheit“: Für Zeiträume vor dem 01.01.2026 verjährt das Recht des Sozialversicherungsträgers, Beiträge für „pauschalübersteigende“ Trinkgelder festzulegen, mit 01.01.2026. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Versicherungsträger bis 30.09.2026 neue Trinkgeldpauschalen (auf Basis der neue Rechtslage) verlautbart. Falls es bereits zu Vorschreibungen bzw. Nachverrechnungen gekommen ist, sind mögliche Härtefälle in Bezug auf nachverrechnete trinkgeldbezogene Beiträge vom Sozialversicherungsträger (i.d.R. ÖGK) im Rahmen der Selbstverwaltung zu prüfen; Beitragsgrundlagen der Versicherten bleiben diesfalls aber unberührt.
  • Die Festsetzung von Trinkgeldpauschalen soll nur für jene Arbeitnehmer:innen erfolgen, die üblicherweise Trinkgelder erhalten oder an Trinkgeldern innerbetrieblich beteiligt werden (z.B. bei Trinkgeldverteilung über ein betriebliches Tronc-System). 

Eine begleitende arbeitsrechtliche Regelung sieht neue Informationspflichten des Betriebes ab 01.01.2026 vor: Alle Arbeitnehmer:innen, die an einem Trinkgeld-Verteilsystem beteiligt sind, müssen am Beginn des Dienstverhältnisses über den Aufteilungsschlüssel informiert werden (bei bereits bestehenden Dienstverhältnissen muss die Information zeitnah nach dem 01.01.2026 erfolgen). Außerdem haben ab 01.01.2026 alle Arbeitnehmer:innen, die bargeldlos gegebene Trinkgelder erhalten oder an diesen beteiligt werden, ein Auskunftsrecht über die Höhe der bargeldlosen Trinkgelder (§ 2j AVRAG in der geplanten Fassung). Kollektivverträge können dabei nähere Regelungen zur Umsetzung dieses Auskunftsrechts festlegen. Diese Regelung soll der Transparenz im Betrieb dienen und den Arbeitnehmer:innen einen besseren Überblick über das Trinkgeld verschaffen.

 

Link zum Gesetzesentwurf bezüglich SV-Trinkgeldpauschalen unter:

https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/ME/37

 

Spezielle Sozialpartnereinigung für das Hotel- und Gastgewerbe

Im Hotel- und Gastgewerbe werden laut Absprache der Sozialpartner ab 01.01.2026 folgende bundesweit einheitlichen SV-pflichtigen Pauschalsätze für Trinkgelder gelten (auf Vollzeitbasis; bei Teilzeit ist die Pauschale aliquot anzusetzen): 

Mitarbeiter:innen mit Inkasso:Mitarbeiter:innen ohne Inkasso:

2026: € 65,00

2027: € 85,00

2028: € 100,00

ab 2029: jährliche Valorisierung mit der Aufwertungszahl

2026: € 45,00

2027: € 45,00

2028: € 50,00

ab 2029: jährliche Valorisierung mit der Aufwertungszahl

 

Bei Abwesenheitszeiten über einem Monat entfällt der Ansatz der SV-pflichtigen Pauschale.

Ergänzender Hinweis zur Steuerbefreiung von Trinkgeldern

Das BMF hat die Ausführungen zur Steuerfreiheit von Trinkgeldern in den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) kürzlich in zwei Punkten ergänzt:   

  • Randzahl 92d LStR: Bei der Überprüfung der Ortsüblichkeit von Trinkgeldern ist die Relation des betragsmäßigen Trinkgeldes zum Arbeitslohn des/der einzelnen Arbeitnehmers bzw. Arbeitnehmerin nicht maßgeblich.
  • Randzahl 92f LStR: Trinkgelder, die im Rahmen eines Trinkgeld-Verteilsystems (wie etwa Tronc-Systems) gesammelt und nach einem im Vorhinein festgelegten Schlüssel, unabhängig davon, ob dieser mündlich oder schriftlich (z.B. im Dienstvertrag) vereinbart ist, an die Arbeitnehmer:innen verteilt werden, fallen ebenfalls unter die Steuerbefreiung. 

Diese textlichen Einfügungen stellen offenbar eine Reaktion des BMF auf Einzelfallentscheidungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) dar. So hatte das BFG etwa in einem konkreten Fall gemeint, ein Trinkgeld in Höhe von 25 % des Bruttolohnes könne nicht mehr als ortsüblich angesehen werden. In einem anderen Fall hatte das BFG entschieden, dass Trinkgelder, die betriebsintern nach einem bestimmten Schlüssel auf die Belegschaft aufgeteilt werden, als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln seien. 

Fazit: Das BMF lehnt die angeführten BFG-Auslegungen somit ausdrücklich ab. Ob die BMF-Rechtsansicht, wie in politischen Diskussionen gefordert, ggf. noch durch eine gesetzliche Klarstellung gefestigt werden wird (was für die Praxis im Sinne der Rechtssicherheit sehr wünschenswert wäre), bleibt abzuwarten.

Überarbeitete Version des L16 (Jahreslohnzettel) für 2025

Der Jahreslohnzettel L16 für das Kalenderjahr 2025 ist aus Anlass der steuerfreien Mitarbeiterprämie 2025 überarbeitet und kürzlich veröffentlicht worden:

  • Einerseits gibt es eine eigene Zeile für die Vorkolonne zur Kennziffer 243 mit der Bezeichnung „Mitarbeiterprämie gemäß § 124b Z 478“, und
  • andererseits wurde in der Kennziffer 226 (in der es um tarifsteuerlich nicht abzugsfähige SV-Beiträge geht) der Passus „§ 124b Z 478“ eingefügt – hierdurch wird implizit die bereits kolportierte Vermutung bestätigt, dass die auf steuerfreie Mitarbeiterprämien entfallenden SV-Beiträge nach Ansicht der Finanzverwaltung steuerlich nicht abzugsfähig sein sollen.