VwGH-Entscheidung zur Steuerfreiheit von Überstunden

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (VwGH 29.07.2025, Ra 2024/15/0050) die Anforderungen für die Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen (§ 68 EStG) deutlich verschärft.

Zwar ging es in dem vom VwGH beurteilten Fall in erster Linie um Sonntagsüberstunden (§ 68 Abs. 1 EStG), die Entscheidung spricht aber auch andere Aspekte rund um das Thema Zeitaufzeichnungen und flexible Arbeitszeitmodelle an.

Problem Nr. 1: Steuerfreiheit von SFN-Überstundenzuschlägen 

Die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtüberstunden (§ 68 Abs. 1 EStG) setzt voraus, dass für jede Überstunde die genaue zeitliche Lagerung samt Zuschlagshöhe klar dokumentiert ist. Die begünstigten Stunden müssen daher in den betrieblichen Arbeitszeit- bzw. Lohnunterlagen ausdrücklich kenntlich gemacht („markiert“) sein. Das Ziel dieser verschärften „Formalvorgabe“ ist: Die Aufzeichnungen von § 68 Abs. 1 EStG-Zuschlägen sollen möglichst perfekt aufbereitet sein, sodass deren Richtigkeit jederzeit leicht nachvollziehbar ist, ohne dass GPLB-Prüfer:innen selbst nachforschen oder nachrechnen müssen.

Das bedeutet für die Praxis vor allem zweierlei: 

  1. Zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von SFN-Überstundenzuschlägen sind sogar lückenlose (z.B. manuell geführte) Arbeitszeitaufzeichnungen nur dann ausreichend, wenn sie eine Kennzeichnung der jeweiligen begünstigten Stunden enthalten. Im Betrieb sollte daher abgeklärt werden, ob die eingesetzte Zeit- und Lohnsoftware eine konkrete Zuordnung von steuerfreien Zuschlägen zu den tages- und uhrzeitmäßig erfassten Arbeitsstunden ermöglicht und in leicht überprüfbarer Weise ausweist. 
  2. Die Anwendung von arbeitsrechtlichen Erleichterungen des Arbeitszeitgesetzes bei Arbeitszeitaufzeichnungen (z.B. bloße Saldenerfassung gemäß § 26 Abs. 3 AZG bei überwiegender Homeoffice-Arbeit oder bei frei agierenden Außendienstler:innen) führt i.d.R. dazu, dass die Steuerbegünstigung gemäß § 68 Abs. 1 EStG „geopfert“ wird.

Problem Nr. 2: Durchrechenbare Arbeitszeit oder Gleitzeit 

Bei Arbeitszeitdurchrechnung oder gleitender Arbeitszeit sind innerhalb der Durchrechnungs- bzw. Gleitzeitperiode übertragbare Plusstunden nicht als Überstunden (sondern als bloße Normalarbeitszeit-Plusstunden) zu werten. Die Steuerbefreiung gemäß § 68 Abs. 2 EStG kann daher bei durchrechenbarer Arbeitszeit oder bei Gleitzeit – von „sofortigen“ Überstunden abgesehen – jeweils nur für jene Monate angewendet werden, in denen die Durchrechnungs- bzw. Gleitzeitperiode endet. Das heißt: Bei einer z.B. dreimonatigen Periode ist die Steuerbefreiung gemäß § 68 Abs. 2 EStG daher nur viermal jährlich, bei einer sechsmonatigen Periode nur zweimal jährlich, bei einer 12-monatigen Periode nur einmal jährlich möglich. 

Das bedeutet für die Praxis: Für Plusstunden-Auszahlungen während der laufenden Durchrechnungs- bzw. Gleitzeitperiode ist keine Steuerfreiheit gemäß § 68 Abs. 2 EStG gegeben.

! Für unternehmensinterne Lohnabteilungen wie auch für externe Abrechnungsdienstleister:innen erscheint es empfehlenswert, mit den Entscheidungsträger:innen bzw. Klient:innen abzuklären, ob bei der Abrechnung von SFN-Überstundenzuschlägen und/oder im betrieblichen Durchrechnungs- bzw. Gleitzeitmodell Anpassungen erforderlich sind. Als Diskussionsgrundlage (vor allem für die Schaffung des Problembewusstseins bei „lohnverrechnungsfernen“ Manager:innen) kann ggf. eine kompakte Zusammenfassung der steuerlichen Problematik hilfreich sein.