Welche Änderungen in der ESG-Regulatorik bringt der Omnibus?

Die Diskussionen auf EU-Ebene konzentrierten sich in den letzten Monaten besonders stark darauf, wie die Europäische Union ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern kann. Angesichts der Vielzahl aktueller Herausforderungen – von geopolitischen Spannungen über die angespannte wirtschaftliche Situation bis zu den zunehmend spürbaren Folgen des Klimawandels – ist eine gut ausbalancierte Strategie der neuen EU-Kommission für die Entwicklung der Europäischen Union in den kommenden Jahren essenziell.

Im November 2024 kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erstmals an, mittels einer sogenannten „Omnibus-Regulierung“ die regulatorischen Anforderungen an Unternehmen aus Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und Taxonomie-Verordnung zu vereinheitlichen und den Berichtsaufwand für Unternehmen insgesamt zu reduzieren. Das erklärte Ziel des Omnibus ist, die Regulierungen inhaltlich nicht zu verändern, aber durch den Abbau von Redundanzen und Überschneidungen den Berichtsumfang insgesamt zu reduzieren.

Eine Entscheidung über die Omnibus-Regulierung wird für 26. Februar 2025 erwartet. Eine große Herausforderung ist, dass Unternehmen sich bereits auf ihre Berichts- und Sorgfaltspflichten vorbereiten, Mitgliedstaaten teilweise erst jetzt verspätet die Umsetzung der CSRD in nationales Recht durchführen und parallel dazu durch die Diskussionen um die Omnibus-Regulierung erhebliche Unsicherheit geschaffen wird – insbesondere, weil die Omnibus-Regulierung den EU-Gesetzgebungsprozess durchlaufen muss.

 

Was wir bisher wissen

 

  • Die EU-Kommission plant, die Berichtspflichten noch stärker an die Informationsbedarfe von Investoren anzupassen und sicherzustellen, dass Finanzmarktunternehmen nicht davon abgehalten werden, in kleinere Unternehmen zu investieren, die Kapital für den Übergang zu mehr Nachhaltigkeit benötigen.
  • Um die Regulierung noch zielgerichteter zu gestalten, ist angedacht, eine neue Größenklasse von Unternehmen zu definieren, die zwischen KMU und großen Unternehmen liegt. Unternehmen, welche die bisherigen Schwellenwerte für große Unternehmen nur knapp überschreiten, hätten demnach in Zukunft möglicherweise geringere Berichtspflichten als die sehr großen Unternehmen.
  • Weitere Anpassungen beziehen sich außerdem auf Verschiebungen im Zeitplan der schrittweisen Ausweitung des Geltungsbereichs sowie die Reduktion von Angabepflichten und Datenpunkten.
  • Überlegt wird außerdem, weitere Regulierungen aus dem Green Deal in die Omnibus-Regulierung aufzunehmen (beispielsweise CBAM).

 

Unsere Empfehlung

 

Vieles ist aktuell offen. Es bleibt derzeit unklar, auf welche Positionen sich die EU-Kommission Ende Februar einigen wird und wie demnach der finale Omnibus-Vorschlag der EU-Kommission aussieht. Nachdem die Omnibus-Regulierung den EU-Gesetzgebungsprozess durchlaufen muss, ist auch nicht ausgeschlossen, dass sich beispielsweise im EU-Parlament keine Mehrheit für die vorgeschlagenen Änderungen findet, wodurch die bisherigen Regelungen weiter gelten würden. Klar ist, dass mit der Omnibus-Regulierung ein Balanceakt zwischen ehrgeizigen ESG-Vorgaben und Bürokratieabbau versucht wird.

Nachdem derzeit keine sichere Aussage über die geplanten Änderungen gemacht werden kann, lautet unsere Empfehlung, aktuell bereits laufende Vorbereitungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht zu stoppen. Wir halten Sie weiterhin auf dem Laufenden!

 

Der politische Kontext zum Omnibus

 

Draghi-Report

Der Bericht „Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit – Eine Wettbewerbsstrategie für Europa“ wurde im Auftrag der EU-Kommission im Herbst 2024 erstellt und durch den ehemaligen Kommissionspräsidenten Mario Draghi herausgegeben.

Der Bericht stellt drei Hauptthesen auf, um nachhaltiges Wachstum für Europa zu generieren:

  1. Aufholen des Innovationsrückstands gegenüber den USA und China, insbesondere im Bereich der Spitzentechnologien;
  2. Die Notwendigkeit eines gemeinsamen Plans für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit;
  3. Erhöhung der Sicherheit und Verringerung der Abhängigkeit.

 

Die neue EU-Kommission ist bestrebt, die Erkenntnisse aus dem Draghi-Report in ihrer strategischen Planung zu berücksichtigen.

 

Budapester Erklärung

 

Der Rat der Europäischen Union gab im November 2024 die „Erklärung von Budapest zum Neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit“ ab. Die Erklärung nennt zwölf Punkte, die dem Ziel dienen sollen, den gemeinsamen wirtschaftlichen Wohlstand zu gewährleisten und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, während die EU zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt gemacht wird und die Souveränität, die Sicherheit, die Widerstandsfähigkeit und der globale Einfluss der EU sichergestellt werden. Neben Klimaschutz und dem Ausbau der Kreislaufwirtschaft ist die „Vereinfachungsrevolution“ mit ihrem Ziel, Berichtspflichten für Unternehmen bereits bis Mitte 2025 um 25 % zu reduzieren, ein zentraler Bestandteil der Budapester Erklärung.

 

Politisches Tauziehen

 

In der Zwischenzeit wandten sich unterschiedliche Regierungen und Interessengruppen mit ihren Wünschen und Forderungen bezüglich Omnibus an die EU-Kommission. Vertreter:innen der deutschen und der französischen Regierung sprachen sich unter anderem für eine Reduktion des Anwendungsbereichs sowie eine Verschiebung des Geltungsbeginns der CSRD aus. Die französische Standardisierungsorganisation sowie einige namhafte Konzerne forderten hingegen, dass die Nachhaltigkeitsambitionen nicht abgeschwächt werden sollen.