Regulatorik-Update zum Nachhaltigkeitsberichterstattungsgesetz (NaBeG) in Österreich
Die auf der Parlamentswebsite veröffentlichte Vorlage für ein Nachhaltigkeitsberichtsgesetz (NaBeG), das vorwiegend im UGB umgesetzt werden soll, erweitert den inhaltlichen Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung und stellt durch verbindliche Berichtsstandards eine EU-weite Harmonisierung sicher.
Es ist zu erwarten, dass der parlamentarische Prozess im Laufe des Februars 2026 abgeschlossen werden kann und damit auch ein Inkrafttreten frühestens im Februar 2026 erfolgen kann. Die Anpassungen im UGB gelten daher überwiegend erst für Abschlüsse 2026 bzw. 2027.
Was wird durch das NaBeG geändert?
Herzstück des NaBeG ist die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung unter Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Darüber hinaus werden jedoch auch zahlreiche bestehende Gesetze und Regelungen zu anderen Themen geändert:
Digitale Aufstellung: Ein zentraler Bestandteil der CSRD ist die Ermöglichung einer digitalen Einreichung der Nachhaltigkeitsberichte – daher sollen die bisher im UGB verankerten Vorgaben zur händischen Unterschrift des Jahresabschlusses aufgegeben und durch eine gleichwertige, technologieneutrale Form der Verifizierung abgelöst werden, d.h. dass der Unternehmer bzw. sämtliche gesetzliche Vertreter das Datum der Aufstellung und die aufgestellte Fassung des Jahresabschlusses zu dokumentieren hat.
Immaterielle Ressourcen: Große Unternehmen von öffentlichem Interesse haben zukünftig im Lagebericht Informationen über die wichtigsten immateriellen Ressourcen, das sind Ressourcen ohne physische Substanz, von denen das Geschäftsmodell des Unternehmens grundlegend abhängt und die eine Wertschöpfungsquelle für das Unternehmen darstellen, zu veröffentlichen und die Abhängigkeit zu erläutern.
Joint Audit: Das NaBeG sieht vor, dass zukünftig der oder die Abschlussprüfer des Jahresabschlusses und gegebenenfalls der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu wählen sind. Damit ist eine gemeinsame Prüfung von mehreren (meistens 2) Abschlussprüfern bzw. Prüfungsgesellschaften in Form eines Joint Audits auch in Österreich, so wie in einigen andern Ländern der EU, zulässig.
Value Chain Cap: Die Regierungsvorlage inkludiert eine Begrenzung der Informationen, die ein berichtspflichtiges Unternehmen von kleineren Unternehmen in seiner Wertschöpfungskette anfragen darf: Demnach dürfen berichtspflichtige Unternehmen von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette mit weniger als 1.000 Arbeitnehmer:innen im Jahresdurchschnitt keine Informationen zum Zweck der Nachhaltigkeitsberichterstattung anfordern, die über die Informationen hinausgehen, die im Standard für die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung (VSME) enthalten sind.
Disagio: Bisher war ein Disagio (= Unterschiedsbetrag zwischen dem Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit und dem Ausgabebetragt) unter den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten separat auszuweisen und durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen. Dies wird mit dem NaBeG gestrichen. Es wird jedoch eine neue Regelung in § 221 Abs 1 UGB eingefügt, die besagt, dass wesentliche Aufwendungen, die in unmittelbarem funktionalem Zusammenhang mit der Fremdkapitalaufnahme stehen, wie insbesondere ein Unterschiedsbetrag zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem Ausgabebetrag, bei der Ermittlung des Erfüllungsbetrags über die erwartete Laufzeit zu berücksichtigen und als Verbindlichkeit auszuweisen sind. Daraus folgt, dass der zu verteilende Betrag nicht nur mehr ein Disagio darstellt.
Umsatzerlöse: Gesetzliche Klarstellung was für Versicherungsunternehmen und für Banken als Umsatzerlöse gilt.
Zwangsstrafen: Bei fehlender oder falscher Nachhaltigkeitsberichterstattung, sowie bei Nichteinhaltung der Bestimmungen zur Aufstellung, Offenlegung und anderen Vorgaben: Der Strafrahmen für die Zwangsstrafen nach dem Firmenbuchgesetz wurde für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften erhöht. Ziel der Zwangsstrafen ist wie bisher; das rechtskonforme Verhalten der verantwortlichen Personen zu erzwingen – die Strafen können daher mehrfach verhängt werden, wenn das Unternehmen säumig bleibt. Folgende Strafobergrenzen werden vorgeschlagen: für die erste und zweite Strafe außer bei einem kleinen Unternehmen (bisher 3.600 Euro) 7.000 Euro; für die dritte und jede folgende Strafe bei einem mittelgroßen Unternehmen (bisher 10.800 Euro) 20.000 Euro; bei einem großen Unternehmen (bisher 21.600 Euro) 50.000 Euro.
Rechtliche Regelungen zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung:
Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen sollen zur Beratung für bzw. Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung berechtigt und ihre Fachprüfungen adaptiert werden. Prinzipiell sollen in Österreich auch unabhängige Erbringer von Prüfungsleistungen die Prüfung vornehmen können, dafür fehlen allerdings derzeit (noch) die gesetzlichen Regelungen zur Gleichwertigkeit mit den Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfern hinsichtlich Ausbildung, Registrierung und externer Qualitätsprüfung.
Wen betrifft die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach NaBeG?
Derzeit beschränkt sich der Regierungsentwurf auf die Unternehmen der sogenannten 1. Welle – also die großen Unternehmen von öffentlichem Interesse mit über 500 Beschäftigten, die laut EU-Richtlinie eigentlich bereits seit dem Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtig gewesen wären. Unternehmen der ersten Welle, die weniger als 1000 Beschäftigte oder weniger als 450 Mio. Euro Umsatz aufweisen, sind von der Verpflichtung ausgenommen (dafür genügt es, wenn einer der zwei Schwellenwerte unterschritten wird) und können freiwillig berichten. Damit soll dem „Omnibus“, mit dem die bisherigen Schwellenwerte für die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung angehoben werden, ein Stück weit vorgegriffen werden.
Die Berichtspflichten für Unternehmen der 2. Welle, also große Unternehmen, die nicht kapitalmarktorientiert sind, sollen zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Novelle ergänzt werden, sobald der aktuell auf EU-Ebene noch laufende „Omnibus“-Prozess abgeschlossen ist.
Interessanterweise entspricht die im NaBeG vorgesehene Schwelle von 1.000 Mitarbeiter:innen nicht der aktuellen Position des EU-Parlaments, die 1.750 Mitarbeiter:innen vorsieht. Es bleibt abzuwarten, welche Schwelle schlussendlich im Rahmen der Trilog-Verhandlungen auf EU-Ebene festgelegt wird und ob die Schwellenwerte im NaBeG daran angepasst werden oder ob Österreich in der Umsetzung der CSRD „Goldplating“ betreibt. Insgesamt ist der Effekt der zwei unterschiedlichen Mitarbeiter-Schwellenwerte überschaubar – Schätzungen zufolge wird der ursprüngliche Anwendungsbereich der CSRD dabei entweder um 90 oder 92 % reduziert.
Ab wann ist das NaBeG für die Nachhaltigkeitsberichterstattung anzuwenden?
Als zeitliche Übergangsbestimmung ist vorgesehen, dass Unternehmen nicht zur Berichterstattung verpflichtet sind, wenn der Abschlussstichtag des relevanten Geschäftsjahres vor dem Datum des Inkrafttretens des NaBeG liegt. Eine freiwillige Anwendung ist erlaubt, auch wenn das Gesetz zum Zeitpunkt der Aufstellung noch nicht verlautbart wurde.
Bis dahin ist das geltende Recht in Bezug auf Nachhaltigkeitsberichterstattung in Österreich nach wie vor:
a) NaDiVeG („Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz“ bzw. UGB § 243b), also die seit 2016 geltende Verpflichtung zur nichtfinanziellen Berichterstattung für große Unternehmen von öffentlichem Interesse
EU-Taxonomieverordnung in der geltenden Fassung (aktuell läuft auf EU-Ebene ein Prozess zur Vereinfachung der Taxonomieberichterstattung. Die entsprechende Verordnung soll eigentlich bereits für Berichte über das Geschäftsjahr 2025 gelten und – neben einigen inhaltlichen Vereinfachungen – Finanzmarktunternehmen erlauben, die Taxonomieberichterstattung für zwei Jahre zu pausieren. Allerdings ist die Begutachtungsperiode auf EU-Ebene noch nicht abgeschlossen; die Frist dafür ist Anfang Jänner 2026).
Unsere Empfehlungen für Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
| Art des Unternehmens | Größe | Empfehlung |
| Unternehmen von öffentlichem Interesse (börsennotierte Unternehmen, Kreditinstitute, Versicherungen) | > 1000 Beschäftigte und > 450 Mio. EUR Umsatz | Wenn Ihr Abschlussstichtag vor dem Inkrafttreten des NaBeG liegt, müssen Sie für das GJ 2025 noch nicht nach NaBeG berichten, können das aber freiwillig tun. Falls Sie nicht nach NaBeG berichten, müssen Sie sich weiterhin an die Vorgaben nach NaDiVeG halten. Wenn die Möglichkeit besteht, dass das NaBeG vor Ende Ihres Geschäftsjahres in Kraft tritt, sollten Sie sich auf eine Berichtspflicht vorbereiten. |
| < 1.000 Beschäftigte oder < 450 Mio. EUR Umsatz | Ihr Unternehmen ist aufgrund der Schwellenwerte von der verpflichtenden Anwendung des NaBeG ausgenommen. Sie können dennoch freiwillig nach NaBeG berichten. Falls Sie sich gegen eine freiwillige Berichterstattung nach NaBeG entscheiden und Ihren Jahresabschluss vor Verlautbarung des NaBeG aufstellen, sollten Sie die bisher geltenden Verpflichtungen des NaDiVeG beachten. | |
| Kapitalgesellschaft oder kapitalistische Personengesellschaft oder Gruppe von Unternehmen (konsolidiert) | > 1.750 Beschäftigte und > 450 Mio. EUR Umsatz | Ihr Unternehmen (bzw. Ihre Gruppe) ist, sofern die entsprechende Novelle wie angekündigt verabschiedet wird, ab dem Geschäftsjahr 2027 zur (konsolidierten) Nachhaltigkeitsberichterstattung nach NaBeG verpflichtet. Das beinhaltet die Aufstellung einer Nachhaltigkeitserklärung gemäß ESRS inkl. Taxonomieberichterstattung, deren Integration in den Lagebericht und verpflichtende externe Prüfung. Nutzen Sie die Zeit jetzt, um sich gut darauf vorzubereiten und Ihre Reportingprozesse zu optimieren. |
| > 1.000 Beschäftigte und > 450 Mio. EUR Umsatz | Ihr Unternehmen bzw. Ihre Gruppe könnte in den Anwendungsbereich des NaBeG fallen. Um mit der regulatorischen Unsicherheit möglichst konstruktiv umzugehen, sollten Sie bereits laufende Vorbereitungsprozesse nicht stoppen, sondern konsequent weiterverfolgen. Falls Sie die NaBeG-Readiness Ihres Unternehmens als niedrig einschätzen, ist unsere dringende Empfehlung, zumindest den Informationsbedarf Ihrer wichtigsten Stakeholder (Banken, Versicherungen, Investoren, Geschäftspartner) zu erheben, die Relevanz von Nachhaltigkeitsthemen für Ihre Unternehmensstrategie zu reflektieren und auf dieser Basis eine Reportingstrategie festzulegen: a) Volle Nachhaltigkeitsberichterstattung nach ESRS (ggf. freiwillig): mehr Aufwand, höherer strategischer Nutzen, mögliche Reputationsvorteile b) Nachhaltigkeitsberichterstattung nach VSME: geringer Aufwand, Informationsabfragen von Banken und Geschäftspartnern können strukturiert beantwortet werden, begrenzter strategischer Nutzen für Ihr Unternehmen c) Abwarten, bis die Schwellenwerte auf EU-Ebene und im NaBeG endgültig festgelegt sind: riskant, weil dadurch wichtige Vorbereitungszeit verloren gehen kann | |
| < 1.000 Beschäftigte oder < 450 Mio. EUR Umsatz | Ihr Unternehmen bzw. Ihre Gruppe fällt aktuell nicht in den Anwendungsbereich des NaBeG. Allerdings sollten Sie auch den breiteren regulatorischen Kontext abseits der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht aus dem Auge verlieren: Entgelttransparenzrichtlinie, Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel, Ökodesign-Verordnung, Zwangsarbeit-Regulierung etc. Unsere Empfehlung ist daher, den Informationsbedarf Ihrer wichtigsten Stakeholder zu erheben, die Relevanz von Nachhaltigkeitsthemen für Ihre Unternehmensstrategie und Geschäftstätigkeit zu reflektieren und auf dieser Basis eine Vorgehensweise festzulegen, die für Ihr Unternehmen sinnvoll ist. Vorschläge für Nachhaltigkeitsaktivitäten, die sich für Sie unabhängig von der rechtlichen Lage lohnen können, haben wir hier für Sie gesammelt. Falls Sie unsicher sind, worauf Sie sich fokussieren sollten, unterstützen wir Sie als Sparring-Partner gerne. |