In diesem Artikel gehen wir auf einige Grundsätze ein, die für Start-ups (aber nicht nur für diese) in Bezug auf die MWST wichtig sind.
MWST-Fallen von Anfang an erkennen
Während das Start-up seine Tätigkeit aufnimmt, ist die Versuchung manchmal gross, sich auf das "Geschäft", die Forschung und Entwicklung (F&E) und die Finanzierung zu konzentrieren, und dabei die weniger begeisternden Aspekte des Unternehmertums, wie die Verwaltung oder die MWST zu vernächlässigen.
Doch während die (profitablen oder unprofitablen) Aktivitäten wachsen, sollten bestimmte Problematiken erkannt werden, um zu vermeiden, dass sich mit den Jahren und der Anhäufung grösserer Finanzvolumina diese anfangs anekdotischen Themen zu kleinen "Bomben" entwickeln.
Steuerpflicht und Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland
In den ersten Jahren kommt es häufig vor, dass das Start-up hohe Ausgaben und Investitionen tätigt, ohne jedoch einen ausreichenden Umsatz (CHF 100’000 aus steuerpflichtigen Leistungen) zu erzielen, um eine MWST-Pflicht in der Schweiz auszulösen.
Man könnte also meinen, dass die Geschichte hier endet. Dennoch gibt es viele Start-ups, die ihre Dienstleistungen (F&E, Marketing, Beratung aller Art usw.) von ausländischen Anbietern beziehen. Wenn diese Rechnungen ohne MWST in die Schweiz gelangen (da der Lieferant ein Ausländer ist und nicht selbst der Schweizer MWST unterliegt), beginnt die Pflicht zur Meldung und Zahlung der Bezugsteuer für nicht MWST-pflichtige Schweizer Unternehmen ab CHF 100’000 pro Jahr.
Je nach Umfang der in den letzten fünf Jahren (Zeitraum des Besteuerungsrechts) von ausländischen Dienstleistern bezogenen Dienstleistungen können sich hohe Regularisierungsbeträge ergeben, wenn das Start-up diese nicht spontan deklariert. Dies gilt umso mehr, als das Schweizer Unternehmen, ohne selbst MWST-pflichtig zu sein, keinen Anspruch auf Abzug dieser MWST hat. Der auf die im Ausland bezogenen Leistungen geschuldete MWST-Betrag (aktuell 8,1%) muss in voller Höhe an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) gezahlt werden. Das finanzielle Risiko kann also beträchtlich sein.
Freiwillige Steuerpflicht auch ohne Umsatz
Das MWST-Umfeld, in dem sich ein Start-up bewegt, stellt eine entscheidende Herausforderung dar, die oft vernachlässigt wird. Ein proaktiver Ansatz kann jedoch Vorteile bieten und die MWST-Last erheblich begrenzen, insbesondere in der F&E-Phase, in der die Kosten hoch und der Umsatz gering oder nicht vorhanden ist.
Eine freiwillige MWST-Pflicht kann dazu führen, dass i) die belastete Vorsteuer auf Ausgaben und Investitionen, die im Rahmen der F&E-Phase anfallen, teilweise oder vollständig abgezogen wird, ii) die Auswirkungen der Bezugssteuer auf Dienstleistungen, die dieser MWST unterliegen, reduziert werden und iii) die auf die Einfuhr von Gütern in die Schweiz (z.B. Komponenten, Rohstoffe, Teile) gezahlte Steuer abgezogen wird.
Umgekehrt können sich Subventionen von öffentlichen oder gleichwertigen Körperschaften, die das Start-up erhält, negativ auf sein Recht auf Vorsteuerrückerstattung auswirken.
Eine freiwillige MWST-Pflicht kann nicht rückwirkend für abgelaufene Steuerperioden beantragt werden. Es geht also darum, die gesamte Geschäftstätigkeit des Unternehmens, die Herkunft seiner Kosten, seiner Finanzierung und seines möglichen Umsatzes gut zu beherrschen, um zu Beginn die beste Entscheidung zu treffen.
MWST und F&E - die Grenze ist manchmal schmal
Die MWST-Pflicht - über die erwähnten finanziellen Schwellenwerte hinaus - hängt noch immer grundlegend von der Entfaltung einer sog. unternehmerischen Tätigkeit ab. Der Hauptzweck der entfalteten Tätigkeit muss darin bestehen, Leistungen gegen Entgelt zu erbringen. Die Ausrichtung auf die Erzielung von Einnahmen bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Tätigkeit Gewinne erwirtschaftet, jedoch ist die Absicht, Gewinne zu erzielen, grundsätzlich ausreichend. Die Anerkennung einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne der MWST ist eine Voraussetzung für die Steuerpflicht. Wenn diese jedoch zum Zeitpunkt der Registrierung formell nicht von der ESTV bestätigt wird, muss sie dennoch im Vorfeld überprüft werden, da sonst eine spätere Umqualifizierung droht. Eine teilweise oder vollständige Umqualifizierung würde verschiedene Konsequenzen nach sich ziehen, insb. eine Verweigerung des Rechts auf den in den MWST-Abrechnungen vorgenommenen Vorsteuerabzug durch die ESTV.
Dieser Begriff kann manchmal problematisch sein für ein Start-up, das über mehrere Jahre hinweg F&E betreiben wird, oder das allgemeiner gesagt Ausgaben generiert, ohne Einnahmen zu schaffen. Es besteht also die reale Gefahr, dass die ESTV die unternehmerische Tätigkeit in Frage stellen kann, sofern die Ausgaben nicht zur Erzielung einer gleichwertigen Vergütung zu führen scheinen.
In diesem Zusammenhang unterscheidet die veröffentlichte Verwaltungspraxis der ESTV die Recherche in drei Phasen:
1. Phase - Grundlagenforschung. Diese Art der Forschung wird auch als Grundlagenforschung oder reine Forschung bezeichnet. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf die Entwicklung von Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen, allgemeinen und geisteswissenschaftlichen Forschung. Die Grundlagenforschung ist per Definition der vollständig theoretische Aspekt der Forschung. Diese kann sich auf noch unerforschte Bereiche konzentrieren. In diesem Stadium ist das Ziel der Erwerb von neuem allgemeinen Wissen ohne Ausrichtung auf eine spezifische Anwendung.
2. Phase - anwendungsorientierten Grundlagenforschung. Diese Phase ist zwischen der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung angesiedelt. In der Regel wird in dieser Phase ein konkreter wirtschaftlicher, technischer, medizinischer, sozialer oder kultureller Nutzen ermittelt, der noch entwickelt werden muss.
3. Phase angewandte Forschung. Das Ziel der angewandten Forschung ist die Entwicklung von Technologien und Lösungen zur Bewältigung von Problemen. In dieser letzten Phase liegt der Schwerpunkt auf der Lösung in der spezifischen Anwendung oder Nutzung in verschiedenen wirtschaftlichen, technischen, medizinischen, sozialen oder kulturellen Bereichen. Die angewandte Forschung ist dann per Definition der praktische Aspekt Forschung.
Aus MWST-Sicht berechtigen reine Forschungstätigkeiten ohne Ausrichtung auf eine bestimmte Anwendung im Gegensatz zur angewandten Forschung nicht zum Vorsteuerabzug auf Ausgaben. In gewisser Weise verneint die ESTV das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit für die Forschung in Phase 1, sofern nicht ein Ziel oder der Wille besteht, die Phasen 2 und Phase 3 in Angriff zu nehmen. Diese beiden letzten Phasen ermöglichen es, ein Projekt zu konkretisieren, das Ziel sowie die Strategie zur Vermarktung der entwickelten Lösung zu identifizieren und die Planung zur Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen vorzunehmen. Diese Phasen sind daher entscheidend, um den unternehmerischen Charakter nachzuweisen, den das Start-up seit Beginn seiner Tätigkeit realisiert hat.
In der Praxis ist festzustellen, dass die Grundlagenforschung die Basis für die angewandte Forschung und die technologische Entwicklung bildet. Dies gilt umso mehr, wenn ein Projekt in Phase 1 oder Phase 2 abgebrochen oder nicht weiterverfolgt wurde.
Die ESTV könnte daher versucht sein, bei einem Unternehmen, das über mehrere Jahre hinweg Ausgaben anhäuft, ohne Umsätze zu erzielen, davon auszugehen, dass dessen Tätigkeit in Wirklichkeit nur der Grundlagenforschung zuzurechnen ist. In diesem Fall könnte die ESTV die Rechtmässigkeit der Steuerpflicht in Frage stellen und die in der Vergangenheit zurückerstattete Vorsteuer zurückfordern.
Was bedeutet dies für die Praxis?
Daher ist es wichtig, eine Voranalyse des MWST-Umfelds des Start-ups durchzuführen, um die MWST-Implikationen und die möglichen Lösungen zu ermitteln. Das Ziel ist es, bewährte Praktiken einzuführen und die Ressourcen für eine gute Verwaltung der Investitionen und der durchgeführten Aktivitäten im Bereich der MWST zu optimieren, die sowohl ein Risiko als auch einen wichtigen Hebel für finanzielle Einsparungen darstellt.
Beitrag von Vanessa Cilio