Bundesgericht konkretisiert Regeln zur Feststellung des Hauptsteuerdomiziles bei juristischen Personen
Bundesgericht präzisiert Regeln zum Steuerdomizil
Am 8. April 2025 hat das Bundesgericht (9C_547/2023) erstmals entschieden, wie das Hauptsteuerdomizil einer juristischen Person zu bestimmen ist, wenn sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung geografisch nicht feststellen lässt.
Während das Kantonale Steueramt Zürich davon ausging, dass in einem solchen Fall der Ort der tatsächlichen Verwaltung am Wohnsitz des einzigen Geschäftsführers anzunehmen sei, hat das Bundesgericht klargestellt, dass der statutarische Sitz der juristischen Person als Hauptsteuerdomizil gilt, wenn sich der Ort der tatsächlichen Verwaltung mit dem erforderlichen Beweismass nicht eindeutig bestimmen lässt.
Hintergrund
Die A. AG wurde 2005 im Kanton Zürich gegründet und verlegte 2014 ihren Sitz in den Kanton Zug, wo ihr als Untermieterin bei einer Consulting AG ein Büroraum zur Mitbenützung zur Verfügung stand. Die Geschäftsführung lag unbestritten beim Hauptaktionär und einzigen Verwaltungsrat B., der bis mindestens 2020 im Kanton Zürich wohnte. Zusätzlich unterhielt die A. AG eine Zweigniederlassung in Deutschland. Aufgrund der hohen Reisetätigkeit von B. konnte kein geografischer Schwerpunkt der Geschäftsführung festgestellt werden.
Das Kantonale Steueramt Zürich schloss daraus, dass der Wohnsitz von B. als Ort der tatsächlichen Verwaltung anzusehen sei, da sich die Unternehmensführung um seine Tätigkeit konzentrierte. Diese Auffassung bestätigten sowohl das Steuerrekursgericht als auch das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Das Bundesgericht hat diese Argumentation zurückgewiesen und festgehalten, dass der Wohnort des Geschäftsführers nicht als subsidiäres Steuerdomizil einer Gesellschaft herangezogen werden kann, sofern sich unter Würdigung der gesamten Umstände nicht feststellen lässt, dass die Unternehmensentscheide schwergewichtig an diesem Ort getroffen werden. Die unbeschränkte Steuerpflicht der A. AG verbleibt deshalb in ihrem Sitzkanton.
Wer ist betroffen – und warum ist es relevant?
Betroffen sind primär juristische Personen, deren Geschäftsführung stark an die Tätigkeit einer Einzelperson gebunden ist, insbesondere wenn der Wohnsitz des Geschäftsführers in einem anderen Kanton liegt als der Sitz der Gesellschaft.
Juristische Personen sind in einem Kanton unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sich ihr Sitz oder die tatsächliche Verwaltung in diesem Kanton befindet. Als Ort der tatsächlichen Verwaltung gilt dabei der Ort, an dem die Fäden der Geschäftsführung zusammenlaufen.
Das vorliegende Urteil stärkt in erster Linie den Sitzkanton einer juristischen Person in einem Steuerdomizilkonflikt mit anderen Kantonen. Es ist zu begrüssen, dass ein Kanton, der geltend macht, eine juristische Person habe ihren Ort der tatsächlichen Verwaltung und damit die unbeschränkte Steuerpflicht auf seinem Kantonsgebiet, dieser zwingend auch den nötigen Beweis dafür erbringen muss. Eine reine Annahme, dass der Ort der tatsächlichen Verwaltung im Sinne eines subsidiären Steuerdomizils am Wohnsitz des Geschäftsführers liegt, ist richtigerweise nicht zulässig.
Handlungsempfehlungen
Mit den heutigen technischen Möglichkeiten der Telearbeit wird es gerade bei personenzentrierten Unternehmen zunehmend schwieriger, den geografischen Schwerpunkt der Geschäftsführung zu bestimmen. Entsprechend wichtiger wird es, die Tätigkeiten zur Führung der laufenden Geschäfte sorgfältig zu dokumentieren. Dazu gehören unter anderem:
- Reisen, Tätigkeitsorte und Entscheidungskompetenzen der Geschäftsleitung sollten klar und nachvollziehbar dokumentiert werden.
- Wichtige Unternehmensentscheide sollen ausschliesslich am statutarischen Sitz getroffen und entsprechend dokumentiert werden.
Auch wenn dieses Urteil den Sitzkanton grundsätzlich stärkt, sind reine Briefkastendomizile nicht zu empfehlen. Der Sitz einer Gesellschaft sollte weiterhin dort gewählt werden, wo die Gesellschaft über die notwendige Infrastruktur verfügt und die Geschäftsführung schwerpunktmässig auch wahrgenommen wird.
Autoren: André Kuhn und Andrea Pfründer
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