OECD-Mindeststeuer (Säule 2) in der Schweiz: Stand der Dinge und künftige Herausforderungen

Die Schweiz erlebt einen historischen Wandel im internationalen Steuerrecht: Seit 2024 gilt die OECD-Mindeststeuer für grosse Konzerne. Unser Artikel zeigt, wie die Schweiz die neuen Regeln umsetzt, welche Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben und warum Unternehmen jetzt strategisch handeln sollten.

OECD-Mindeststeuer (Säule 2) in der Schweiz: Stand der Dinge und künftige Herausforderungen

Die OECD-Mindeststeuer ist keine Absichtserklärung mehr – seit Januar 2024 ist sie in der Schweiz in Kraft. Dieses internationale Rahmenabkommen der OECD soll sicherstellen, dass die Gewinne grosser multinationaler Unternehmensgruppen mit einem effektiven Steuersatz von mindestens 15 % belastet werden, unabhängig davon, in welchen Ländern sie tätig sind.

Die Schweiz hat sich für eine schrittweise Einführung der Säule 2 entschieden. In einem weiterhin dynamischen internationalen Umfeld insbesondere mit Blick auf die Vereinigten Staaten, ist jedoch Wachsamkeit geboten. Dieser Artikel soll einen Überblick über den aktuellen Stand geben.

Schrittweise, aber realistische Umsetzung in der Schweiz

Im Juni 2023 hat die Schweiz den rechtlichen Rahmen geschaffen: Volk und Stände stimmten einer Verfassungsänderung zu, die dem Bund die Kompetenz gibt, die Säule 2 in der Schweiz umzusetzen. Durch die zusätzliche Möglichkeit, die Mindeststeuer übergangsweise per Verordnung einzuführen, kann die Schweiz den internationalen Zeitplan einhalten, ohne auf den Erlass eines Bundesgesetzes warten zu müssen.

Seit dem 1. Januar 2024 ist die Mindestbesteuerungsverordnung (MindStV) in Kraft. Sie gilt für Unternehmensgruppen mit einem konsolidierten Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Zunächst wurde die Qualified Domestic Minimum Top-up Tax (QDMTT) eingeführt. Diese „nationale Ergänzungssteuer“ stellt sicher, dass Gewinne, die in der Schweiz erzielt werden, mit einem effektiven Steuersatz von mindestens 15 % besteuert werden.

Der nächste Schritt erfolgte am 1. Januar 2025 mit der Einführung der Income Inclusion Rule (IIR). Diese Regel erlaubt es der Schweiz, unzureichend besteuerte Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften von Schweizer Konzernen in der Schweiz zu besteuern.

Die Schweiz plant derzeit nicht, die dritte Regel des OECD-Rahmens, die Undertaxed Profits Rule (UTPR), umzusetzen. Der Bundesrat hat deren Einführung bis auf weiteres verschoben. Diese Regel dient als Ergänzungsmechanismus, wenn Gewinne in bestimmten Ländern nicht ausreichend besteuert werden und die Konzernobergesellschaft der entsprechenden Unternehmensgruppe in einem Land domiziliert ist, das die IIR nicht umgesetzt hat.

Auf administrativer Ebene wurde im Januar 2025 die Online-Plattform OMTax aufgeschaltet. Über das ePortal der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) können sich Unternehmensgruppen registrieren, die meldende Geschäftseinheit benennen und die neuen Meldepflichten erfüllen. Die ersten QDMTT-Erklärungen müssen bis spätestens 30. Juni 2026 eingereicht werden.

Internationale Einheitlichkeit auf dem Prüfstand

Die grösste Herausforderung bei der Umsetzung der Säule 2 liegt in der internationalen Koordination. Während zahlreiche Länder, darunter die EU-Mitgliedstaaten und die Schweiz, die Mindeststeuer wie geplant umsetzen, haben die Vereinigten Staaten die Regeln der Säule 2, insbesondere die IIR und die QDMTT, nicht umgesetzt und sich im Januar 2025 offiziell aus den internationalen Verhandlungen zurückgezogen.

Allerdings verfügen zumindest die USA über eigene Mindestbesteuerungsregeln, insbesondere die GILTI- (Global Intangible Low-Taxed Income) und BEAT- (Base Erosion and Anti-Abuse Tax) Systeme, die ebenfalls der Bekämpfung von Gewinnverkürzung und -verlagerung dienen.

Am 28. Juni 2025 schlugen die G7 ein sogenanntes „Side-by-Side-System“ vor. Dieses sieht vor, dass Konzerne mit Muttergesellschaft in den USA von der Anwendung der IIR und der UTPR der Säule 2 ausgenommen werden – in Anerkennung der bereits bestehenden US-Mindeststeuermechanismen.

Das OECD-Sekretariat begrüsste diesen Vorschlag als Schritt in Richtung einer grössere Stabilität des internationalen Steuersystems. Die Initiative beruht jedoch auf einer politischen Einigung, deren gesetzliche Umsetzung noch aussteht.

Die teilweise Befreiung US-amerikanischer Konzerne von den Regeln der Säule 2 schwächt das Prinzip der steuerlichen Chancengleichheit zwischen multinationalen Unternehmen und könnte amerikanischen Gruppen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Praktische Vorbereitung auf die Umsetzung

Auch wenn die Idee der Säule 2 nicht neu ist, markiert ihre konkrete Einführung eine tiefgreifende administrative und technische Zäsur für die betroffenen Unternehmensgruppen. Es geht nicht nur um die Anpassung von Steuersätzen, sondern auch um die Integration neuer, oft komplexer Meldepflichten in ein international noch nicht vollständig eingespieltes Umfeld.

In der Schweiz sind die Regeln nun festgelegt, und die ersten Fristen rücken näher.

Daher ist es für Konzerne entscheidend, sicherzustellen, dass sie ihre GloBE-Verpflichtungen korrekt identifizieren sowie angemessen strukturiert sind und auf die neuen Anforderungen vorbereitet sind – rechtzeitig und vollständig.

Wir begleiten bereits mehrere Gruppen bei der Umsetzung der Säule 2 – von der Analyse der Exponierung über die Registrierung auf OMTax bis hin zur Vorbereitung künftiger Meldepflichten.

Wenn Sie Fragen zu Ihrer Situation haben oder die nächsten Schritte planen möchten, steht Ihnen unser Team gerne zur Verfügung.
 

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