Nachhaltigkeit bei Banken: Zwischen Regulierung, Kundenbedürfnissen und unternehmerischer Verantwortung

Forvis Mazars begleitet Finanzinstitute bei der nachhaltigen Transformation. Grundlage dieses Artikels sind Interviews mit sechs Vertreter:innen von Kantonal-, Privat- und Regionalbanken aus der Deutschschweiz und Romandie. Die Erkenntnisse spiegeln die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im Schweizer Bankensektor wider.

Nachhaltigkeit: Definition und Perspektiven

Nachhaltigkeit ist für Schweizer Banken ein zentraler strategischer Eckpfeiler. Die Umsetzung variiert und basiert teilweise auf unterschiedlichem Verständnis von Nachhaltigkeit – von der Brundtland-Definition bis zum Triple-Bottom-Line-Prinzip. Manche Institute integrieren Nachhaltigkeit als Teil ihrer Identität, andere gliedern sie in Werte, finanzielle Materialität und Wirkung. Einigkeit besteht darüber, dass Nachhaltigkeit in Vision, Strategie und Produktgestaltung fest verankert sein muss.

Relevanz der Finanzindustrie für die Nachhaltigkeit

Banken sind zentrale Akteure für nachhaltige Entwicklung. Sie lenken Kapitalströme gezielt in nachhaltige Projekte und Unternehmen und agieren als Enabler des Wandels. Kooperationen mit Energieberatern, Förderprogrammen und weiteren Partnern verstärken die messbare Wirkung.

Marktbereitschaft und Kundeninteresse

Nachhaltigkeit hat sich vom Nischenthema zum Hygienefaktor entwickelt, besonders bei institutionellen Kunden. Privatkunden zeigen wachsendes, aber selektives Interesse. Viele wünschen sich verständliche Kommunikation und greifbare Beispiele statt technischer ESG-Fachbegriffe. Die Vermittlung erfordert gut geschulte Berater:innen und regelmässige Trainings.

Wenn man in der Sprache der Kunden spricht, dann wird Nachhaltigkeit verstanden.

Daniel Wild J. Safra Sarasin

Herausforderungen und Chancen

Die Branche steht vor komplexen Herausforderungen:

  • Hoher Regulierungsdruck bindet Ressourcen und erschwert Innovation.
  • Internationale Vorschriften sind oft schwer überschaubar.
  • NGOs und Ratingagenturen stellen hohe Erwartungen, Fortschritte werden jedoch selten anerkannt.
  • Politisierte Debatten und anti-ESG-Tendenzen beeinflussen die öffentliche Wahrnehmung. 

Gleichzeitig bietet Nachhaltigkeit strategische Chancen:

  • Erfüllung veränderter Kundenanforderungen.
  • Stärkung der Kundenbindung und Risikominimierung.
  • Zugang zu neuen Märkten.
  • Imagegewinn als verantwortungsbewusstes Institut.

Nachhaltigkeitsstrategien in der Praxis

Die Strategien der Banken reichen von ambitionierten Netto-Null-Plänen bis zur Erfüllung regulatorischer Mindestanforderungen. Erfolgsentscheidend ist die Unterstützung durch Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. Nachhaltigkeit sollte dezentral im Unternehmen verankert werden, sodass Fachwissen in allen Abteilungen vorhanden ist.

Nachhaltige Anlage- und Kreditprodukte 

Anlagebereich:

  • Zentrale Wirkungsebene für Nachhaltigkeit in den meisten Banken.
  • Viele Institute bieten ausschliesslich Anlagen mit ESG-Bezug an, teils jedoch nur basierend auf Ausschlusskriterien.
  • Ambitioniertere Ansätze wie der Climate Pledge von J. Safra Sarasin: jährliche CO₂-Reduktion der Fonds um 7 % gemäss European Climate Benchmark.
  • Weitere Massnahmen: Stimmrechtsausübung, Engagement-Strategien, SDG-basierte Produkte, thematische Fonds zur Förderung klimaneutraler Wirtschaft.

Kreditbereich:

  • Weniger Innovationsvielfalt, oft ähnliche Angebote.
  • Wirtschaftlich herausfordernd, da Kunden bei grünen Krediten oft günstigere Konditionen erwarten.
  • Innovative Ansätze wie die Finanzierung von grünen Hypotheken mittels Green Bonds.

Nachhaltigkeit ist in der Breite des Marktes angekommen und entwickelt sich vom Nischenthema zunehmend zum Hygienefaktor.

Florian Tresch BLKB

Ausblick: Konsolidierung und kultureller Wandel

Der ESG-Hype der letzten Jahre weicht einem pragmatischen, wirkungsorientierten Nachhaltigkeitsmanagement. Entscheidend wird sein, Nachhaltigkeit von einer zentralen Funktion in eine unternehmensweite Kultur zu überführen. Kompetenzen müssen breit aufgebaut, Prozesse angepasst und die Wirkung messbar gemacht werden.

Fazit

Die Schweizer Finanzbranche befindet sich in einer entscheidenden Transformationsphase: Nachhaltigkeit ist etabliert, jedoch in Definition und Umsetzung noch uneinheitlich. Der Fokus verschiebt sich von symbolischen Massnahmen hin zu Klarheit, Systemdenken und nachweisbarer Wirkung.
Banken sehen sich zunehmend als aktive Gestalter einer nachhaltigen Wirtschaft, müssen dabei aber das Spannungsfeld zwischen Kundenbedürfnissen, regulatorischen Vorgaben und wirtschaftlicher Tragfähigkeit meistern.

Interviews und Artikel von Janine Hofer-Wittwer.
 

Dokument

Studie | Nachhaltigkeit bei Banken

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