BVerwG: Vertrauensschutz aufgrund hypothetischer Festsetzungsverjährung bezieht sich auch auf Umstellung auf Benutzungsgebühren

Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 17. Oktober 2023 – 9 CN3.22) hat entschieden, dass der Vertrauensschutz, der sich aufeine hypothetische Festsetzungsverjährung für Anschlussbeiträge bezieht, auch für eine Umstellung auf Benutzungsgebühren gilt.

Sachverhalt

Der Antragsgegner erhob für den Aufwand der Herstellung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage ursprünglich Anschlussbeiträge. Als das Bundesverfassungsgericht 2015 entschieden hatte (Beschl. v. 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14, 1 BvR 3051/14), dass die Erhebung von Anschlussbeiträgen einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot darstellte, wenn nach früherer Rechtslage in Brandenburg wegen hypothetischer Festsetzungsverjährung ein Anschlussbeitrag nicht mehr erhoben werden konnte, hob der Antragsgegner noch nicht bestandskräftig gewordene Bescheide auf und zahlte bereits geleistete Beträge zurück. Im Anschluss änderte er seine Schmutzwassergebührensatzung und führte gespaltene Gebührensätze ein. Grundstücke, für die Anschlussbeitrag gezahlt wurde, hatten 3,30 € pro Kubikmeter Schmutzwasser zu zahlen, während für Grundstücke, für die ein solcher Anschlussbeitrag nicht entrichtet worden war, ein Beitrag von 4,35 € pro Kubikmeter fällig wurde. Hiergegen wandte sich der Antragsteller im Wege eines Normenkontrollantrags zunächst vor dem OVG Berlin-Brandenburg. Dieses lehnte den Antrag ab mit der Begründung, dass der Vertrauensschutz, nicht mehr zu Anschlussbeiträgen herangezogen zu werden, sich nicht auf Benutzungsgebühren erstrecke.

Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht schloss sich der Ansicht des OVG-Berlin-Brandenburg nicht an und hob dessen Beschluss folglich auf. Ein und derselbe Herstellungsaufwand dürfe nicht einmal durch Anschlussbeiträge und zusätzlich über Benutzungsgebühren auf die Eigentümer umgelegt werden. Wenn der Einrichtungsträger auf eine reine Gebührensatzung übergehe, dürfen von der hypothetischen Festsetzungsverjährung Begünstigte darauf vertrauen, auch über Benutzungsgebühren nicht für den Herstellungsaufwand herangezogen zu werden. § 13a BauGB solle vielmehr die Planung in einem weitem Sinne fördern, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortsetzung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dient. § 13a BauGB umfasse daher auch eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbereichs, etwa durch Einbeziehung und Bewahrung von Grünflächen, nicht zuletzt aus stadtklimatischen Gründen.  

Autor

Camillo Gaul
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Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.