Geleistete Anzahlungen stellen erbschaftsteuerlich grundsätzlich kein schlechtes Vermögen dar

Mit Urteil vom 1. Februar 2023 (II R 36/20) hat der BFH klargestellt, dass geleistete Anzahlungen nicht zu den Finanzmitteln zählen und damit kein schädliches Verwaltungsvermögen darstellen. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn die Anzahlungen ihrerseits nicht für den Erwerb von Verwaltungsvermögen geleistet wurden.

Hintergrund

Wird Betriebsvermögen im Rahmen von Erbschaften oder Schenkungen übertragen, bestehen hierfür umfangreiche Steuerbefreiungen. Neben der Regelverschonung i. H. v. 85 % kann das Betriebsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen sogar vollständig steuerbefreit übertragen werden (Optionsverschonung).

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Vermögen. Lediglich das begünstigte Vermögen ist der Verschonung zugänglich. Sogenanntes Verwaltungsvermögen ist hingegen nicht begünstigt und unterliegt grundsätzlich der vollständigen Besteuerung. Hierzu zählen z. B. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Wertpapiere oder Kunstgegenstände. Geldbestände und Forderungen eines Unternehmens (sog. Finanzmittel) gelten ab einem bestimmten Umfang ebenfalls als schädliches Verwaltungsvermögen.

Entscheidung des BFH vom 1. Februar 2023 (II R 36/20)

Der Entscheidung des BFH lag ein Fall zugrunde, bei dem GmbH-Anteile unentgeltlich übertragen wurden. Die GmbH wies in ihrer Steuerbilanz u. a. geleistete Anzahlungen im Zusammenhang mit einem Neubau aus, der zukünftig als eigengenutztes Verwaltungsgebäude verwendet werden sollte. Diese geleisteten Anzahlungen stufte das Finanzamt als „andere Forderungen“ und somit als schädliches Verwaltungsvermögen ein. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sei der Begriff „andere Forderungen“ nicht auf Geldforderungen beschränkt, sondern umfasse auch Forderungen aus Sachleistungen.

Unter Verweis auf den Gesetzeszweck hat der BFH dem eine Absage erteilt. Geleistete Anzahlungen stellen zumindest dann kein Verwaltungsvermögen bzw. keine Finanzmittel dar, wenn sie sich auf Wirtschaftsgüter beziehen, die selbst nicht als Verwaltungsvermögen gelten. So lag der Fall hier. Das angezahlte Verwaltungsgebäude stellte zukünftig kein schädliches Verwaltungsvermögen dar, sodass die geleisteten Anzahlungen ebenfalls nicht als Verwaltungsvermögen anzusehen waren.  

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung ist zu begrüßen, da sie zumindest teilweise Klarheit im Umgang mit geleisteten Anzahlungen schafft. Obwohl die Entscheidung zum alten Erbschaftsteuerrecht ergangen ist, entfaltet sie aufgrund des vergleichbaren Gesetzeswortlauts auch Bedeutung für die aktuelle Rechtslage.

Der BFH hat die Eigenschaft als Verwaltungsvermögen lediglich in Fällen verneint, in denen die geleisteten Anzahlungen nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen gerichtet waren. Wie in Fällen zu verfahren ist, bei denen Anzahlungen auf Verwaltungsvermögen geleistet werden, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen. Insoweit besteht weiterhin Rechtsunsicherheit.

Beim Vertragspartner ist der Liquiditätszufluss als erhaltene Anzahlung zu passivieren. Gleichzeitig erhöht sich das Geldvermögen. Diese Erhöhung des Geldvermögens führt beim Vertragspartner zum Anstieg seiner Finanzmittel und damit auch des Verwaltungsvermögens. Dies kann sehr negative Folgen haben, da der sog. 90 %-Verwaltungsvermögenstest als Eingangsprüfung für eine erbschaftsteuerliche Begünstigung ohne Schuldenverrechnung erfolgt. Damit bleiben sämtliche passivierten erhaltenen Anzahlungen insoweit außer Betracht und wirken sich nur negativ bei den Finanzmitteln als Verwaltungsvermögen aus. Die 90 %-Grenze ist in ihrer derzeitigen Form umstritten und Gegenstand eines anhängigen Verfahrens vor dem BFH (II R 49/21).

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Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 3/2023. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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