Verantwortung in der Wertschöpfungskette – Transparenz als zentraler Ausgangspunkt
Verantwortung in der Wertschöpfungskette – Transparenz als zentraler Ausgangspunkt
Anspruchsvolle Anforderungen
Ungeachtet der anhaltenden Diskussion über die europäische Sorgfaltspflichtenrichtline (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD)1 zählen dazu insbesondere die europäische Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD), die Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, die EU-Taxonomie, die Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EU Deforestation Regulation, EUDR), das CO2-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) sowie die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR). Hinzu kommt das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), das mittlerweile für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten gilt. Wenngleich all diese Regularien unterschiedliche Schwerpunkte haben, streben sie im Kern die Verhinderung bzw. Minimierung von negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sowie mehr Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette und damit auch die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen bzw. Produkten an.
Gerade Krankenhäuser und der medizintechnische Mittelstand stehen hier vor einer Vielzahl an Anforderungen, für die nicht alle Ressourcen vorhanden sind:
Zunächst gestaltet es sich in der unternehmerischen Praxis aufgrund der Komplexität häufig als schwierig, Transparenz über die tieferen Lieferkettenstufen zu schaffen. Hier fehlt vor allem Krankenhäusern oftmals das Wissen sowie der Zugang zu Informationen und Daten, um diesen risikobehafteten Teil ihrer Geschäftstätigkeit zu erfassen. Die Einrichtungen sind hier auf die Informationsweitergabe ihrer Lieferanten angewiesen. Um dies effektiv umzusetzen, bedarf es strukturierter Daten- und Lieferantenmanagementsysteme, damit die gewünschten Daten konsolidiert abgerufen werden können.
Synergiepotenzial nutzen
Die gute Nachricht für die Branche: Die Orientierung an den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen sowie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte ist an vielen Stellen deckungsgleich. Sie beinhaltet die Durchführung einer Risikoanalyse, die Etablierung von internen Governance-Strukturen, risikobasierte Entscheidungen und Überwachung von Präventions- und Milderungsmaßnahmen sowie die Einführung eines für externe Stakeholder zugänglichen Beschwerdemechanismus. Während das LkSG genauere Angaben zu ihren Tier-1-Lieferanten fordert, nehmen die europäischen Verordnungen stärker die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick. Der risikobasierte Ansatz der CSDDD sieht vor, dass Unternehmen nicht pauschal alle Tier-1-Lieferanten betrachten müssen, sondern sich auf die wesentlichen Risiken fokussieren sollten, die meist in der tieferen Lieferkette liegen.
Nutzen transparenter Wertschöpfungsketten
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Wertschöpfungskette ist für die Gesundheitsbranche mehr als eine Compliance-Übung, auch Investor*innen und Patient*innen fordern zunehmend mehr Transparenz der Gesundheitsversorger und damit ihrer Lieferanten ein. Zudem zeigten Krisen wie die COVID-19-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine, wie wichtig widerstandsfähige Lieferketten für die eigenen Geschäftstätigkeit sein können. Für das unternehmerische Management Wertschöpfungskette eine immens wichtige Rolle, denn nur so lassen sich Risiken und Optimierungsmöglichkeiten erkennen.
Praxisbeispiel Mittelstand: der freiwillige Due-Diligence-Report als Vorbereitung auf die CSRD
Auch wenn es vom Gesetzgeber nicht intendiert war, geben große Produzenten und Krankenkassen die Verantwortung für Sorgfaltspflichten in den Lieferketten verstärkt an Zulieferer, die nicht vom LkSG betroffen sind, weiter. Ein freiwilliger Due-Diligence- Report stellt eine Möglichkeit dar, diesen Anforderungen außerhalb der gesetzlichen Berichtspflicht zu begegnen. Darin dokumentiert sind interne Managementprozesse, Verantwortlichkeiten und Risiken in der vorgelagerten Wertschöpfungskette für die jeweiligen Kunden – hier vor allem die lokalen Gesundheitseinrichtungen.
Damit stoßen mittelständische Unternehmen wichtige Due-Diligence-Prozesse in Vorbereitung auf die Reporting- und Nachweispflichten der CSRD und EU-Taxonomie an, die ab 2025 für Unternehmen gelten, die zwei von drei Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, mehr als 50 Mio. € Umsatz, mehr als 25 Mio. € Bilanzsumme. Hierunter fällt ein Großteil der am Gesundheitswesen beteiligten Unternehmen in Deutschland.
Strategische Implementierung
In Summe ist es sinnvoll, Prozesse zu implementieren, um menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten zu gewährleisten sowie die Offenlegungspflichten der nationalen sowie europäischen Gesetzgebungen erfüllen zu können.
Zunächst sollten sich die Krankenhäuser und ihre Zulieferer einen Überblick über die verschiedenen Regularien und Anforderungen verschaffen, um damit die unmittelbare Bedeutung für das eigene Unternehmen abzuleiten. Anschließend gilt es, den Status quo abzubilden, um bestehende Lücken zu identifizieren. Um beim Aufbau von übergreifenden Prozessen Synergien zu heben und Doppelaufwände zu vermeiden, sollten sich die Verantwortlichen zunächst diese Fragen stellen:
· Wie lässt sich die Wertschöpfungskette verständlich darstellen?
· Was sind bekannte Hotspot-Risiken in der Wertschöpfungskette?
· Welche Rohstoffe oder Vor- und Teilprodukte werden hauptsächlich benötigt?
· Wer sind die zentralen Lieferanten? Wo liegen ihre Produktionsstandorte?
· Kam es im eigenen Unternehmen oder bei Zulieferern in der Vergangenheit zu Verstößen gegen Menschen- und Arbeitsrechte oder Umweltvorgaben?
· Welche internen Prozesse gibt es bereits und wie können diese genutzt bzw. angepasst werden, um den Sorgfaltspflichten gerecht zu werden?
· Welche Daten werden für die Offenlegungspflichten benötigt und wie werden diese beschafft?
Egal ob EU-Taxonomie, LkSG oder CSRD – sie alle bringen Anforderungen an die Prozessdokumentation mit sich. Krankenhäuser und ihre Lieferanten sollten demnach interne Verantwortlichkeiten sowie Strukturen schaffen und eine plausible und rechtskonforme Beschreibung von internen Prozessen, Strategien und Fortschritten zur Erfüllung der Berichtspflichten vorweisen können. So kann auf Nachfragen von Kunden, Wirtschaftsprüfern, externen Stakeholdern oder Amtsträgern wie dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fundiert reagiert werden.
1 Zum Redaktionsschluss hatte die CSDDD den Ministerrat am 15.03. erfolgreich passiert. Vorbehaltlich der Zustimmung im EU-Parlament ist mit einer Annahme noch vor der Europawahl im Sommer zu rechnen.
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