Gemeinnützige Krankenhäuser: Aufteilbarkeit gemischt veranlasster Aufwendungen und schädliche Verluste im steuerpfl. Bereich
Gemeinnützige Krankenhäuser
Das Finanzgericht Hamburg hat in seiner Entscheidung vom 5. Dezember 2024 (Az. 5 K 125/23) ausführlich u. a. zu folgenden steuerlich interessanten Fragen Stellung genommen:
- Aufteilbarkeit von gemischten Aufwendungen
- Gemeinnützigkeitsschädlichkeit von Verlusten im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
Das Urteil erging zwar im Fall eines gemeinnützigen Sportvereins, die Urteilsgrundsätze greifen aber Fragen auf, die typischer Diskussionsgegenstand in Betriebsprüfungen gemeinnützig tätiger Krankenhäuser und anderer Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen sind.
Sachverhalt
Der Kläger, ein eingetragener steuerbegünstigter Verein, betrieb eine Schwimm- und eine Tennishalle. Beides nutzte er im ideellen Bereich, im Zweckbetrieb sowie für steuerpflichtige Tätigkeiten. Neben den tatsächlichen Nutzungszeiten, über deren Aufteilung und Zuordnung zwischen dem Kläger und dem beklagten Finanzamt für einen repräsentablen Zeitraum Einvernehmen bestand, wurden durch den Kläger auch Leerzeiten erfasst.
Im Rahmen der Gewinnermittlung ordnete der Kläger bei der Berechnung des abzugsfähigen Anteils der gemischt veranlassten Aufwendungen/Betriebsausgaben die Leerzeiten keiner Sphäre zu und berücksichtigte diese nicht bei der Verhältnisrechnung. Demgegenüber entschied das beklagte Finanzamt im Rahmen der durchgeführten Betriebsprüfung, dass die Leerzeiten insgesamt dem nicht wirtschaftlichen, ideellen Bereich zuzuordnen sind. Daraufhin veränderte sich die Verhältnisrechnung und die Höhe der abziehbaren Betriebsausgaben im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (wGB) verringerte sich. Infolge der Betriebsprüfung wurden die Gewinnermittlungen geändert und neue Bescheide erlassen, gegen die der Kläger erfolglos Einspruch einlegte.
Mit der Klage wandte sich der Kläger gegen die vollständige Zuordnung der Leerzeiten zum ideellen Bereich und beantragte weiterhin eine Aufteilung der nutzungsgebundenen Kosten ausschließlich nach den tatsächlichen Nutzungszeiten.
Entscheidung des FG
Das Gericht gab dem Kläger bezüglich der Zuordnung der Aufwendungen vollumfänglich Recht. Es befasste sich in seiner Entscheidung detailliert mit der bisherigen Entwicklung der Rechtsprechung und der Literatur zu der Frage der Behandlung von gemischt veranlassten Betriebsausgaben. Unter Rückgriff auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15. Januar 2015 (Az. I R 48/13) hat der Senat für den vorliegenden Fall die Kosten für die Schwimm- und die Tennishalle nach den tatsächlichen Nutzungszeiten aufgeteilt, da diese zwischen den Beteiligten feststanden (Rz. 67). In Abgrenzung dazu stellte der Senat den Fall dar, in dem die ideellen und gewerblichen Beweggründe für die Nutzung mangels objektivierbarer Abgrenzungskriterien untrennbar verknüpft sind (Rz. 68). In diesem Fall sind nach Auffassung des Gerichts die Aufwendungen insgesamt im steuerpflichtigen wGB nicht abziehbar und es werden nur die diesem Bereich eindeutig zuzuordnenden Aufwendungen berücksichtigt.
Im Ergebnis der seitens des Gerichts vorgenommenen Zuordnung und Aufteilung der Kosten ergab sich für einzelne Jahre jedoch ein Verlust in Ergebnissen einzelner wGB. Die Ergebnisse des einheitlichen wGB gem. §§ 14, 64 Abs. 2 AO waren demgegenüber ausgeglichen.
Der Senat verneinte im konkreten Fall das Vorliegen eines gemeinnützigkeitsschädlichen Verlustes und einen Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO, da ein Dauerverlust zu verneinen war. Bei der Begründung verwies der Senat auf die Auffassung der Verwaltung (AEAO Nr. 17 zu § 64 AO) und Teile der Literatur, wonach es bei dieser Prüfung auf das Ergebnis des einheitlichen wGB und nicht auf das jedes einzelnen wGB ankommt (Rz. 81 und 88). Dies begründete das Gericht u. a. unter Rückgriff auf die Gesetzesbegründung zu § 64 Abs. 2 AO und der Entscheidung des BFH vom 1. Juli 2009 (Az. I R 6/08). Demnach geht nach Auffassung des Senats die Anwendung des § 64 AO der Prüfung des Ausschließlichkeitsgebots gem. § 56 AO vor. Das möglicherweise entgegenstehende Urteil des BFH vom 14. Dezember 2023 (Az. V R 28/21) erwähnte das FG nur beiläufig.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Nach unserem Kenntnisstand wurde keine Revision erhoben. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Fazit
In dem Besprechungsurteil ging es um die sachgerechte Aufteilung gemischt veranlasster Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Nutzung von Wirtschaftsgütern für steuerbegünstigte und gewerbliche Zwecke. Diese Frage ist nicht selten ein Streitpunkt in steuerlichen Betriebsprüfungen z. B. bei Krankenhäusern. Der Senat hat in seiner Entscheidung aufgezeigt, dass eine Zuordnung gemischt veranlasster Betriebsausgaben bei Nachweis der konkreten Nutzung zielführend vorgenommen werden kann.
Den Steuerpflichtigen ist dringend zu empfehlen, bei Vorliegen gemischter Betriebsaufwendungen einen sachgerechten Zuordnungsschlüssel (vorzugsweise zu Beginn der Tätigkeit) zu finden und durch entsprechende Unterlagen und Aufzeichnungen (zumindest über einen repräsentablen Zeitraum) zu belegen. Diese Vorbereitung kann nach unserem Dafürhalten die Argumentation im Rahmen einer Betriebsprüfung erleichtern.
Verluste aus einzelnen Tätigkeiten, die von der Finanzverwaltung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingeordnet werden, sind in der Praxis häufiger anzutreffen, etwa bei der entgeltlichen Bereitstellung von Telefon- und Onlinezugängen. Gleichwohl sind dies typische Rahmenangebote, die Patient*innen in einem Krankenhaus oder Pflegeheim erwarten. In der Frage des Vorliegens eines schädlichen Verlustes im Sinne des § 55 Abs. 1 AO hat der Senat erfreulicherweise konkret Stellung bezogen und seine Rechtsauffassung u. E. zu Recht auf die eindeutige Gesetzesbegründung zu § 64 Abs. 2 AO gestützt. Verwunderlich ist jedoch, dass der Verweis auf die Entscheidung des BFH vom 14. Dezember 2023 (Az. V R 28/21), wonach Verluste in einem isolierten wGB gemeinnützigkeitsschädlich sein können, nur kurz erfolgte. Hier bleiben die weitere Rechtsentwicklung und die Reaktion der Finanzverwaltung abzuwarten. Wir empfehlen, bei Diskussionen mit der Finanzverwaltung zu (gemeinnützigkeitsschädlichen) Verlusten in wGB auf das Urteil des FG Hamburg und insbesondere auf die von diesem herangezogene Gesetzesbegründung zu § 64 Abs. 2 AO (BT-Drs. 11/4176) zu verweisen. Bei Fragen hierzu sprechen Sie uns gerne an.
Autor*innen: Natalia Murujew, Oliver Stein
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