Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte

Während die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen im SGB V bzw. im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geregelt ist und die Ärzt*innen – mit Zwischenschritten – gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen abrechnen, erfolgt die Abrechnung bei Patient*innen, die bei einer privaten Krankenversicherung versichert sind oder die Behandlung selbst bezahlen, bzw. bei sog. IGeL-Leistungen anhand der der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), einer Rechtsverordnung, die auf der Grundlage von § 11 Bundesärzteordnung (BÄO) mit Zustimmung des Bundesrates von der Bundesregierung erlassen wird.

Reformprozess

Die GOÄ ist in die Jahre gekommen und soll reformiert werden. Ziel ist es, in der Breite eine bessere Vergütung der Ärzteschaft, eine Anpassung des Gebührenverzeichnisses an den medizinischen Fortschritt, mehr Rechtssicherheit und Transparenz für Ärzt*innen und Patient*innen zu erreichen. Künftig soll die GOÄ kontinuierlich an die Entwicklung der Medizin und der Kosten angepasst werden. Die Diskussion über die Novellierung dauert bereits seit Mitte der 90er-Jahre an, was angesichts einer dreistelligen Anzahl beteiligter Berufsverbände und Fachgesellschaften und der wechselvollen Geschichte der GOÄ kaum verwundert.

Voraussetzung für die Novellierung ist ein zwischen der Ärzteschaft und den Kostenträgern geeintes Gebührenverzeichnis, mit dem die einzelnen Leistungen bepreist werden. Hierzu haben die Bundesärztekammer (BÄK) und der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) Ende 2024 einen gemeinsamen Vorschlag vorgelegt, der als fachliche Grundlage für eine Novellierung dient, im Anschluss in Clearing-Verfahren weiter bearbeitet und nun auf dem 129. Deutschen Ärztetag in Leipzig mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Der Entwurf wird nun dem Gesundheitsministerium übermittelt, das eine entsprechende Verordnung vorbereiten und den weiteren Prozess in Gang setzen wird.

Trotz einer großen Mehrheit für den Entwurf ist er nicht unumstritten. Was sind die Streitpunkte?

Verhandlungstransparenz

Zahlreiche Fachverbände bemängelten die Transparenz der Verhandlungen zwischen der BÄK und dem PKV-Verband. Insbesondere die kurze Frist zur Stellungnahme und die als unzureichend wahrgenommene Einbindung der Fachgesellschaften wurden kritisiert und als Vertrauensverlust und Spaltung innerhalb der Ärzteschaft bezeichnet.

Abschaffung der Steigerungsfaktoren

Die bisherige Möglichkeit, ärztliche Leistungen über Steigerungsfaktoren (z. B. 2,3- oder 3,5-facher Satz) individuell zu honorieren, soll entfallen. Stattdessen sieht die neue GOÄ feste Preise mit begrenzten Zuschlägen für besonders komplexe Fälle vor. Viele Ärzt*innen befürchten dadurch eine Einschränkung ihrer Honorargestaltung und einen Verlust an betriebswirtschaftlicher Flexibilität.

Umverteilung zulasten technischer Fachrichtungen

Die Reform priorisiert die „sprechende Medizin“, was zu einer Aufwertung hausärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen führt. Im Gegenzug erfahren technische Fächer wie Radiologie, Kardiologie, Anästhesie und Labormedizin Honorarkürzungen. Diese Umverteilung stößt zum Teil auf massiven Widerstand, da sie als ungerecht und betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar angesehen wird.

Rechnungserstellung

Die geplante verpflichtende elektronische Rechnungserstellung mit OPS-Codierung stößt auf Ablehnung. Kritiker*innen argumentieren, dass dies den bürokratischen Aufwand erhöhe und die Beziehung zwischen Ärzt*in und Patient*in durch stärkere Einbindung der Versicherung beeinträchtigt werde.

Fehlender Inflationsausgleich

Obwohl des Gesamtvolumen der neuen GOÄ um bis zu 13,2 % in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten steigen soll, wird kritisiert, dass diese Steigerung nicht einmal die Inflation ausgleiche. Die vereinbarte „Nullrunde“ wird als unzureichend angesehen, um die gestiegenen Kosten in Praxen und Kliniken zu decken.

Auswirkungen auf Krankenhäuser

Auch Krankenhäuser sehen sich durch die geplanten Änderungen benachteiligt. Die Kürzungen technischer Leistungen könnten zu erheblichen Einnahmeverlusten führen und die ohnehin angespannte Lage vieler Krankenhäuser weiter verschärfen.

Insgesamt wird die neue GOÄ von Teilen der Ärzteschaft als unausgewogen empfunden. Während die Aufwertung der sprechenden Medizin begrüßt wird, sorgen die geplanten Kürzungen in technischen Fachbereichen und die Einschränkungen der Honorargestaltung für Unzufriedenheit.

Eine Novellierung der GOÄ war überfällig. Ob der nun vorliegende Entwurf ein großer Wurf ist, wird sich erst zeigen müssen. Auch wenn die eine Änderung der BÄO zukünftig regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen der GOÄ vorsieht, wird man es nie allen recht machen können. Zunächst muss aber erst einmal eine entsprechende Verordnung vom Bundeskabinett verabschiedet werden und dann auch noch den Bundesrat passieren, was – angesichts der anhaltendenden Kritik – kein Selbstläufer ist.

Bei Fragen zum Thema GOÄ-Abrechnung und Auswirkungen der Reform stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Autor: Dr. Moritz Ulrich

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