KHAG im Fokus: ein Überblick zur neuen Gesetzesinitiative

Das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) stellt einen Referentenentwurf der Bundesregierung dar, der auf die Weiterentwicklung der bereits mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) beschlossenen Reformmaßnahmen abzielt.

Die zentralen Inhalte dieser Reform haben wir bereits in vergangen Ausgaben des Forvis-Mazars-Newsletters „Healthcare“ ausführlich kommentiert (vgl. u. a. die Ausgaben 01/2023 bis 04/2023, 04/2024). Mit dem KHAG sollen die im KHVVG angelegten Maßnahmen praxistauglicher weiterentwickelt werden, um eine qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sicherzustellen. In der bisherigen Umsetzung haben sich – insbesondere durch Rückmeldungen aus der Praxis – an verschiedenen Stellen Optimierungspotenziale gezeigt, die im aktuellen Gesetzentwurf aufgegriffen und teilweise konkret adressiert werden.

1. Grundlegende Änderungen bei der Zuweisung der Leistungsgruppen

Im Zuge der Krankenhausreform wird § 109 SGB V dahin gehend geändert, dass Versorgungsverträge künftig auch dann abgeschlossen werden können, wenn ein Krankenhaus die festgelegten Qualitätsanforderungen für bestimmte Leistungsgruppen nicht erfüllt. Voraussetzung ist, das dies zwingend notwendig ist, um die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Die Bundesländer erhalten dabei mehr Handlungsspielraum: Die zuständigen Landesbehörden können künftig eigenständig über Ausnahmen von den Qualitätsvorgaben entscheiden, ohne an bundesweit einheitliche Kriterien zur Erreichbarkeit gebunden zu sein. Allerdings sind solche Ausnahmen nur dann zulässig, wenn die Erreichung der Qualitätskriterien auch durch Kooperationen und Verbundlösungen nicht sichergestellt werden kann. In Abstimmung mit den Krankenkassenverbänden dürfen sie Leistungsgruppen auch dann zuweisen, wenn die Qualitätsstandards nicht eingehalten werden oder ein Krankenhausstandort von einer Schließung bedroht ist. Krankenhäuser, die bereits Sicherstellungszuschläge erhalten, sind von der Befristung ausgenommen. Sie dürfen dauerhaft Leistungsgruppen anbieten, auch wenn die festgelegten Qualitätsanforderungen nicht erfüllt werden.

Diese Ausnahmeregelungen gelten zunächst für drei Jahre. Sollte der Versorgungsbedarf weiterhin bestehen, kann die Befristung einmalig um weitere drei Jahre verlängert werden, sofern dies im Einvernehmen mit den Verbänden der Krankenkassen- und Ersatzkassen erfolgt.

2. Anpassung der Leistungsgruppen und Qualitätskriterien

Die mit dem KHVVG eingeführten Leistungsgruppen werden dahin gehend geändert, dass diejenigen Leistungsgruppen verbleiben, die auf Basis der 60 Leistungsgruppen aus Nordrhein-Westfalen eingeführt wurden, ergänzt um die spezielle Traumatologie.

Darüber hinaus ist vorgesehen, die für ein Vollzeitäquivalent anrechenbare Wochenarbeitszeit von 40 auf 38,5 Stunden zu reduzieren. Damit wird berücksichtigt, dass in zahlreichen Tarifverträgen eine 38,5-Stunden-Woche als Maßstab für Vollzeitbeschäftigung gilt.

Des Weiteren sollen die Pflegepersonaluntergrenzen als Qualitätskriterium gestrichen werden. Zwar bleiben sie formal bestehen, sollen jedoch künftig nicht mehr als Planungskriterium für die Festlegung der Leistungsgruppen herangezogen werden.

Die Bundesländer sollen zudem mehr Zeit erhalten, um die Zuweisung der Leistungsgruppen vorzunehmen und die entsprechenden Daten an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zu übermitteln. Ursprünglich war im KHVVG der 31.10.2026 als Frist vorgesehen; nun ist eine Verlängerung bis zum 30.09.2027 geplant.

Ferner sieht das das KHAG vor, dass in den Bundesländern, in denen bis Ende 2024 bereits Leistungsgruppen zugewiesen wurden, diese Zuweisungen trotz der neuen bundesweiten Regelungen bis Ende 2030 Bestand haben und als Grundlage für die Krankenhausvergütung dienen können.

3. Verschiebung der Vorhaltevergütung um ein Jahr

Die Einführung der Vorhaltevergütung soll nun um ein Jahr verschoben werden: 2026 und 2027 sollen als budgetneutrale Jahre gelten, in den Jahren 2028 und 2029 soll die bereits vorgesehene Konvergenzphase stattfinden und erst im Jahr 2030 soll die volle Finanzwirksamkeit für die Vorhaltevergütung greifen. Demzufolge sollen die mit der Vorhaltevergütung im Zusammenhang stehenden Fristen und Termine angepasst und die mit dem KHVVG erstmals eingeführten Zuschläge und Förderbeträge, die Erhöhung der bestehenden Zuschläge für eine Teilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung und die Abschaffung der Abschläge für das Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer bei Kindern und Jugendlichen um ein Jahr nach hinten verschoben werden. Die für die Jahre 2025 und 2026 weiterhin geltenden Zuschläge für die Pädiatrie und Geburtshilfe sollen entsprechend um ein Jahr verlängert werden.

4. Fundamentale Änderung der Finanzierung des Transformationsfonds

Zur Förderung strukturverändernder Maßnahmen in der Krankenhausversorgung sieht das KHVVG ab dem Jahr 2026 die Einrichtung eines Transformationsfonds vor. Über die Grundzüge dieses Fonds haben wir bereits in unserem Newsletter „Healthcare“ 1/2025 unter dem Titel „Der Transformationsfonds im Rahmen der Krankenhausreform“ berichtet.

Nach dem aktuellen Entwurf des KHAG soll der Fonds mit einem Gesamtvolumen von bis zu 25 Milliarden Euro nun vollständig aus Bundesmitteln – konkret aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ – finanziert werden. Eine Finanzierung über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, also aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung, ist nicht mehr vorgesehen. Ebenso entfällt die ursprünglich angedachte Beteiligung privater Krankenversicherungen.

Im Zuge dieser geänderten Finanzierungsstruktur ist geplant, die bislang vorgesehenen Antragsfristen (September/Dezember 2025) aufzuheben und stattdessen ein fortlaufendes Antragsverfahren zu etablieren. Die inhaltliche Prüfung der Förderanträge soll künftig vollständig in der Verantwortung der zuständigen Landesbehörden liegen. Das Bundesamt für Soziale Sicherung übernimmt dabei vor allem administrative Aufgaben, insbesondere die Auszahlung und gegebenenfalls Rückforderung der Fördermittel, um die haushaltsrechtlich gebotene Kontrolle der zweckgebundenen Mittelverwendung sicherzustellen.

Zudem soll die bisher geltende Verpflichtung der Krankenhausträger zur Vorlage einer Wirtschaftsprüferbescheinigung über das Nichtvorliegen von Insolvenzgründen entfallen.

5. Reaktionen beteiligter Akteure und weiterer Verfahrensverlauf

Die Reaktionen beteiligter Akteure zeigen ein gespaltenes Bild: Während die Deutsche Krankenhausgesellschaft einige Verbesserungen sieht, warnen der GKV-Spitzenverband und Universitätsklinika vor einer Verwässerung der Reformziele. Die Ärzteschaft (Marburger Bund und Bundesärztekammer) sieht zwar pragmatische Ansätze, fordert aber grundlegendere Änderungen.

Ob die im KHAG vorgesehenen zentralen Regelungen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens unverändert bestehen bleiben oder angesichts der bisherigen Rückmeldungen, der Verbändeanhörung sowie der eingereichten Stellungnahmen der beteiligten Akteure nochmals angepasst werden, ist derzeit offen. Die ursprünglich für dem 10.09.2025 angesetzte Beratung im Bundeskabinett wurde verschoben. Ob der vorgesehene Termin für das Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.01.2026 weiterhin eingehalten werden kann, ist derzeit unklar und bleibt abzuwarten.  

Wir verfolgen die Entwicklungen rund um das KHAG aufmerksam und unterstützen Sie mit fundierter Expertise sowohl bei der Bewertung der vorgesehenen Reformen als auch bei der strategischen Ausrichtung Ihres Hauses im Hinblick auf die künftige Gesetzeslage. Sprechen Sie uns jederzeit an – wir beraten Sie gern!

Autor: Alexander Greiff

Dies ist ein Beitrag aus unserem Healthcare-Newsletter 3-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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