Wahlleistungen eines Krankenhauses als Teil der gewerbesteuerbefreiten Tätigkeit nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG
Wahlleistungen eines Krankenhauses
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb ein Krankenhaus. Die Einrichtung war nach § 67 AO als steuerbegünstigter Zweckbetrieb anerkannt und erfüllte die Voraussetzungen der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG. Neben den allgemeinen Krankenhausleistungen bot die Klägerin ihren Patient*innen auch Wahlleistungen an, insbesondere die Unterbringung in Komfortzimmern mit gehobener Ausstattung.
Die Wahlleistungen wurden von den Patient*innen freiwillig und gegen gesonderte Vergütung in Anspruch genommen. Die Einnahmen hieraus wurden von der Klägerin als Teil der steuerbefreiten Krankenhausleistungen behandelt. Das zuständige Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass diese Leistungen nicht unter die Gewerbesteuerbefreiung fallen, da sie nicht unmittelbar der medizinischen Versorgung dienen und daher außerhalb des begünstigten Betriebs erbracht würden. Es setzte den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend höher fest.
Die Klägerin argumentierte, dass der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses nicht ausschließlich auf medizinisch notwendige Leistungen beschränkt sei und die Unterbringung von Patient*innen in Einbett- oder Zweibettzimmern zu den originären Leistungen eines Klinikbetriebs gehören, die der Gewerbesteuerbefreiung unterläge. Hierzu zähle auch die Unterbringung im Rahmen einer Wahlleistung „Unterkunft“.
Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg
Das FG gab der Klage statt und stellte klar, dass § 3 Nr. 20 GewStG keine persönlichen, sondern tätigkeitsbezogene Steuerbefreiungen gewährt. Maßgeblich sei, ob die Tätigkeit funktional dem Betrieb der Einrichtung zuzuordnen ist. Die Wahlleistung „Unterkunft“ sei Bestandteil des Krankenhausbetriebs und diene mittelbar der Erfüllung des Versorgungsauftrags. Zudem sei eine Trennung der Erträge, die die Klägerin im Zusammenhang mit der Überlassung der Komfortzimmern an die Patient*innen erziele, von den übrigen Erträgen der Klägerin für die Unterkunft und Verpflegung der Patient*innen als Benutzer*innen des Krankenhauses nicht möglich. Einzelne Komfortelemente würden gerade nicht separat abgerechnet, sondern mit einem einheitlichen Tagessatz in Rechnung gestellt.
Das Gericht stützte schließlich seine Argumentation auf § 67 AO, der den steuerbegünstigten Zweckbetrieb „Krankenhaus“ definiert. Danach liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungstage auf Patient*innen entfallen, die ausschließlich allgemeine Krankenhausleistungen in Anspruch nehmen. Die Grenze war im Streitfall erfüllt.
Abschließend stellte der 6. Senat klar, dass die umsatzsteuerliche Behandlung einzelner Leistungen nicht auf die ertragsteuerliche Bewertung übertragen werden darf. Während die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG eine enge medizinische Zweckbindung verlangt, ist die Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG funktional und wirtschaftlich zu beurteilen. Die Wahlleistungen seien im konkreten Fall nicht isoliert gewerblich, sondern Bestandteil des Krankenhausbetriebs, der auf die Versorgung der Patient*innen ausgerichtet sei.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil stärkt die Auffassung, dass auch Zusatzleistungen im Rahmen eines Krankenhausbetriebs unter die Gewerbesteuerbefreiung fallen können, sofern sie funktional mit dem Betrieb verbunden sind. Voraussetzung ist dabei, dass die Erträge aus der Überlassung von Wahlleistungen der Sache nach nicht trennbar sind von den übrigen Erträgen des steuerbegünstigten Krankenhauses.
Für die steuerliche Beratungspraxis bedeutet dies eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschrift und eine Klarstellung zur wirtschaftlichen Einheitlichkeit der Krankenhausleistungen. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer funktionalen und nicht formalen Betrachtung bei der Abgrenzung zwischen begünstigten und nicht begünstigten Tätigkeiten. Die Einbeziehung von § 67 AO zeigt, dass auch steuerbegünstigte Zweckbetriebe – wie z. B. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – Wahlleistungen erbringen dürfen, ohne ihre (gewerbesteuerliche) Privilegierung zu verlieren. Das Urteil verdeutlicht zudem, dass jede Leistung jeweils getrennt für Zwecke der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer zu bewerten ist. Die Revision wurde zugelassen, nach bisherigen Veröffentlichungen aber nicht eingelegt.
Autor*innen: Dr. Kristina Frankus, Dennis Hitsch
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