Krisenfrüherkennung nach IDW ES 16: Warum Krankenhäuser jetzt handeln müssen

Der Entwurf des neuen Standards des Instituts für Wirtschaftsprüfer (IDW) „Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung und des Krisenmanagements nach § 1 StaRUG“ (IDW ES 16) spezifiziert die Anforderungen an ein wirksames System zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement. Er gilt für alle haftungsbeschränkten Unternehmensträger und richtet sich an die Geschäftsleitung, die verpflichtet ist, die wirtschaftliche Lage fortlaufend zu überwachen, Risiken für den Fortbestand frühzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten. Der IDW ES 16 konkretisiert, wie Geschäftsleitungen diese Anforderungen des Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetzes (StaRUG) praktisch umsetzen können.

Die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser ist angespannt: Fachkräftemangel, steigende Aufwendungen und politische Unsicherheiten setzen die Träger unter Druck. Frühzeitige Krisenerkennung ist hier entscheidend, um finanzielle Schieflagen oder Insolvenzen zu vermeiden und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der IDW ES 16 bietet dafür eine praxisnahe Auslegung und Hilfestellung zur präventiven Krisenfrüherkennung auch für Träger von Krankenhäusern.

Integrierte Unternehmensplanung

Ein zentraler Baustein der Krisenfrüherkennung ist die integrierte Unternehmensplanung. Krankenhäuser müssen künftig nicht nur ihre Ergebnisplanung im Blick behalten, sondern auch Bilanz- und Liquiditätsplanung in einer integrierten Systematik mit einem Planungshorizont von mindestens 24 Monaten abbilden. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ist die Liquidität das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Fortführungsfähigkeit.

Krisenprävention durch eine belastbare Liquiditätsplanung

Eine belastbare Liquiditätsplanung ist daher unverzichtbar. Sie muss operative Zahlungsströme realistisch abbilden, z. B. die Leistungsabrechnung gegenüber den Krankenkassen, Auszahlungen für medizinischen Sachbedarf oder wiederkehrende Ausgaben wie Gehälter, Energiekosten, Zinszahlungen etc. In akuten Krisensituationen ist sogar eine Wochenplanung auf direkter Basis erforderlich. Eine direkte Liquiditätsplanung auf Wochenbasis fokussiert sich ausschließlich auf zahlungswirksame Sachverhalte und hilft somit, kurzfristige Liquiditätsengpässe zu identifizieren und zu vermeiden. Sie wird durch die detaillierte Erfassung aller erwarteten Zahlungsströme erstellt und hat meist einen Horizont von 13 Wochen.

Individuell definiertes Frühwarnsystem

Ein wirksames Krisenfrüherkennungssystem im Sinne des IDW ES 16 basiert auf Indikatoren, welche je nach Geschäftsmodell und spezifischen Besonderheiten des betroffenen Hauses individuell definiert werden können. Hierbei kommen Leistungskennzahlen wie etwa CMP oder Fallzahlen je medizinischer Abteilung, der Anteil an Fremdpersonal am Personalbestand, bestimmte Aufwandsquoten (Personalaufwandsquote) oder Liquiditätskennzahlen (z. B. Liquiditätsgrad 1-3) in Betracht. Eine Überwachung mit eindeutig definierten Grenzwerten erweist sich hierbei als besonders wirkungsvoll.

Welche Maßnahmen die Krankenhausleitung jetzt ergreifen sollte

Um die Anforderungen zu erfüllen, muss die Geschäftsleitung von Krankenhäusern ein effektives Krisenfrüherkennungssystem implementieren. Dies beinhaltet die Etablierung einer integrierten Unternehmensplanung und regelmäßige Risikoanalysen, insbesondere die Entwicklung individueller Frühwarnindikatoren und Monitoring-Systeme. Zudem sind eine transparente Dokumentation und Berichterstattung essenziell, um die Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. Falls sich wirtschaftliche Schwierigkeiten abzeichnen, ist ein verantwortungsbewusstes Krisenmanagement erforderlich, das gezielte Maßnahmen zur Stabilisierung einleitet und die relevanten Stakeholder informiert.

Der IDW ES 16 ist kein theoretisches Konstrukt, sondern ein konkreter Handlungsrahmen. Krankenhäuser, die jetzt in ihre Krisenfrüherkennung investieren, sichern nicht nur ihre wirtschaftliche Stabilität, sondern erfüllen auch ihre gesetzliche Verantwortung.

Autorin: Anna-Lena Flohr

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