Die „neue“ Wohngemeinnützigkeit

Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2025 die sog. „Wohngemeinnützigkeit“, welche in vergleichbarer Form zuvor bis im Jahr 1990 galt, wieder eingeführt. Durch die neue Wohngemeinnützigkeit soll langfristig mehr bezahlbarer Wohnraum in Deutschland gesichert und geschaffen werden. Rechtstechnisch wurde dies durch Einfügung eines neuen gemeinnützigen Zwecks in § 52 Abs. 2 Nr. 27 AO umgesetzt („die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“). Der Gesetzgeber versteht unter der Förderung wohngemeinnütziger Zwecke die vergünstigte Wohnraumüberlassung an „hilfebedürftige Personen“ im Sinne von § 53 AO.

Voraussetzungen der „neuen“ Wohngemeinnützigkeit

Voraussetzung der Wohngemeinnützigkeit ist, dass die Wohnraumüberlassung (keine Gewerberaumüberlassung) durch eine Körperschaft „vergünstigt“ und an „hilfebedürftige Personen“ erfolgt.

Die Wohnraumüberlassung ist „vergünstigt“, wenn sie dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegt oder eine Kostenmiete ohne Gewinnaufschlag (die Miete deckt lediglich die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären steuerlichen Abschreibungen) vorliegt. Hinsichtlich der marktüblichen Miete könnte sich anhand etwaig vorhandener Mietspiegel bzw. Vergleichsmieten orientiert werden.

Die „Hilfebedürftigkeit“ kann sich insbesondere aus einem geringen Einkommen ergeben, wobei allerdings das geringe Einkommen vom Gesetzgeber beispielsweise wie folgt bemessen wird: Eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind im Alter von unter sechs Jahren kann z. B. ein Bruttoeinkommen von bis zu 67.470 € (inkl. Kindergeld und Unterhalt) erzielen, um eine Wohnung im Rahmen der neuen Wohngemeinnützigkeit anzumieten. Nach der Schätzung des Gesetzgebers dürften ca. 60 Prozent der Mieter*innen in Deutschland unter diesen Begriff fallen, sodass der Anwendungsbereich denkbar groß sein sollte.

Neben der vermögensmäßigen Betrachtung können Mieter*innen auch dann hilfebedürftig sein, wenn sie infolge eines körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Eine Hilfebedürftigkeit wird für Menschen ab dem 75. Lebensjahr nach Auffassung der Finanzverwaltung vermutet.

Die Hilfebedürftigkeit muss nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen, vgl. § 52 Abs. 2 Nr. 27 Satz 3 AO. Die den Wohnraum überlassende Körperschaft ist ausweislich der Gesetzesbegründung nicht dazu verpflichtet, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihrer Mieter*innen in einem regelmäßigen Turnus zu überprüfen. Ob dies aus den Gedanken des Gemeinnützigkeitsrechts konsistent erscheint, ist fraglich, gleichwohl bestehen keine gesetzlichen Anhaltspunkte einer späteren Prüfung der Hilfebedürftigkeit.

Eine Beschränkung der Wohngröße sieht die „neue“ Wohngemeinnützigkeit, anders als die „alte“ Wohngemeinnützigkeit, nicht vor. 

Praxishinweise

Zu beachten ist aber, dass die Wohngemeinnützigkeit lediglich ein gemeinnütziger Zweck ist, die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft indes voraussetzt, dass die Körperschaft auch im Übrigen die Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechts erfüllt (Ausschließlichkeit, Unmittelbarkeit, satzungsmäßige Vermögensbindung usw.). Insofern ist zumindest die Satzung der Körperschaft, die den gemeinnützigen Status begehrt, an die formellen Anforderungen anzupassen und mit dem Finanzamt abzustimmen.

Überdies wirft die neue Wohngemeinnützigkeit noch einige rechtliche Fragen auf, die bislang nicht abschließend geklärt sind. Aus steuerlicher Sicht wird auch die Sphärenzuordnung der Vermietungstätigkeit (ideeller Bereich, Vermögensverwaltung oder Zweckbetrieb?) diskutiert, was erhebliche praktische Bedeutung (Finanzierung/Rücklagenbildung etc.) hat. Insoweit werden erste Verlautbarungen der Finanzverwaltung und einschlägige Rechtsprechung mit Spannung erwartet. Für etwaige Neugründungen/Zweckänderungen von Gesellschaften empfehlen wir die vorherige Abstimmung mit dem Finanzamt.

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 1-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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