Aktuelle Entscheidung des VG Schwerin zur Beweislast und Mitwirkungspflicht bei Niederschlagswassergebühren
Aktuelle Entscheidung des VG Schwerin
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 23.07.2025 (Az. 1 A 376/21 SN) eine bemerkenswerte Entscheidung zur Beweislastverteilung und zur Mitwirkungspflicht der Verwaltung im Kontext der Erhebung von Niederschlagswassergebühren getroffen.
Hintergrund
Im Streit stand die Rechtmäßigkeit eines Gebührenbescheids für das Jahr 2019. Der Kläger wandte sich gegen die Festsetzung der Niederschlagswassergebühr. Die beklagte Behörde legte trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung über einen Zeitraum von rund vier Jahren die vollständigen Verwaltungsvorgänge – insbesondere Satzungs- und Kalkulationsunterlagen – nicht fristgerecht vor. Erst nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist wurden die Unterlagen teilweise nachgereicht.
Kernaussagen des Gerichts
Das Gericht hebt hervor, dass die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen bei der Behörde liegt. Dies umfasst insbesondere die Pflicht, die vollständigen Verwaltungsvorgänge vorzulegen. Kommt die Behörde dieser Pflicht nicht nach, geht dies zu ihren Lasten. Das Gericht kann nach § 87b Abs. 3 VwGO verspätet vorgelegte Unterlagen zurückweisen, wenn deren Zulassung zu einer Verzögerung des Verfahrens führen würde und keine ausreichende Entschuldigung für die Verspätung vorliegt.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht die Voraussetzungen für eine Zurückweisung als erfüllt an: Die Verwaltung hatte trotz mehrfacher Aufforderung und langer Verfahrensdauer die Unterlagen nicht rechtzeitig eingereicht. Die nachträgliche Vorlage hätte das Verfahren weiter verzögert. Entschuldigungsgründe wurden nicht substantiiert vorgetragen.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Mitwirkungspflichten der Verwaltung im Verwaltungsprozess. Behörden müssen sich bewusst sein, dass eine verzögerte oder unvollständige Vorlage von entscheidungserheblichen Unterlagen erhebliche prozessuale Nachteile nach sich ziehen kann – bis hin zur Aufhebung des Gebührenbescheids. Für die anwaltliche Praxis empfiehlt sich, auf die Einhaltung gerichtlicher Fristen und die vollständige Vorlage der relevanten Unterlagen zu dringen und Versäumnisse der Gegenseite frühzeitig zu rügen.
Fazit
Das Urteil des VG Schwerin stärkt die Rechte der Gebührenpflichtigen und mahnt Verwaltungen zu sorgfältiger und fristgerechter Mitwirkung im Prozess. Es ist ein klares Signal für die Bedeutung des effektiven Rechtsschutzes und des Beschleunigungsgebots im Verwaltungsverfahren.
Autor: Philipp Hermisson
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