BFH – Gebührenfestsetzung für eine von mehreren Beteiligten beantragte verbindliche Auskunft

Mit seinem Beschluss vom 03. Juli 2025 (IV R 6/23) äußert sich der BFH zu den Voraussetzungen der Festsetzung einer gemeinsamen Gebühr gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO und dem Verhältnis zu § 1 Abs. 2 StAuskV.

Sachverhalt

Die acht Klägerinnen und Kläger (folgend „Kläger“) waren teils unmittelbar und teils mittelbar an einer Holdinggesellschaft beteiligt. Um eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile an fremde Dritte zu verhindern, wollten die Kläger eine mehrstufige Umstrukturierung vornehmen. Am 12.04.2019 beantragten die Kläger beim Finanzamt (der Beklagte) die Erteilung einer verbindlichen Auskunft in Bezug auf die Umstrukturierungsmaßnahmen. Insbesondere sollte eine mögliche Vermeidung der Aufdeckung stiller Reserven geklärt werden. Im Antrag waren alle Kläger namentlich bezeichnet. Der Sachverhalt enthielt Angaben zu den einzelnen Beteiligungsverhältnissen. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Sachverhalt von mehreren Personen gleichermaßen verwirklicht und daher die Auskunft von mehreren Beteiligten gemeinsam beantragt werde.

Das Finanzamt erteilte mit Schreiben vom 29.05.2019 acht inhaltsgleiche verbindliche Auskünfte gegenüber den Klägern. Ebenso erließ das Finanzamt acht Gebührenbescheide jeweils über den gesetzlichen Gebührenhöchstwert von EUR 109.736. Mit ihren Einsprüchen begehrten die Kläger erfolglos den Erlass eines gemeinsamen Gebührenbescheids über EUR 109.736 hilfsweise die Herabsetzung der festgesetzten Gebühr auf jeweils EUR 13.717. Die nachfolgenden Klagen vor dem FG hatten indes Erfolg. Es könne gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Auskunftsgebühr nach dem Höchstbetrag gegenüber allen Klägern als Gesamtschuldner angesetzt werden. Das Finanzamt richtete sich gegen das Urteil des FG mit der Revision vor dem BFH.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Revision in der Sache als unbegründet erachtet. Das Finanzamt habe die verbindliche Auskunft den Klägern gegenüber einheitlich erteilt, so dass gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Gebühr festzusetzen sei, deren Gesamtschuldner die Kläger sind.

Einheitlichkeit bedeute dabei, dass die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft gegenüber allen Antragstellern gleichermaßen bestehe oder gleichermaßen nicht bestehe oder wegfalle. Auf diese Weise solle Konfliktpotential bei der Erteilung von verbindlichen Auskünften zu Sachverhalten, die die steuerlichen Verhältnisse mehrerer Personen betreffen (Mehrpersonenverhältnisse), in den Bereichen „Zuständigkeit“, „Reichweite der Bindungswirkung“, „Zahl der Gebührenfestsetzungen“, „Aufhebung oder Änderung einer verbindlichen Auskunft“ sowie „Vertrauensschutz“ entschärft werden. Der Gesetzgeber wollte durch die Einführung des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO gerade eine Abkehr von der bisherigen BFH-Rechtsprechung erreichen, nach der jeder Steuerpflichtige, der von der Bindungswirkung erfasst sein soll, einen eigenen gebührenpflichtigen Antrag stellen müsse.

Der Anwendungsbereich des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO sei nicht auf die in § 1 Abs. 2 StAuskV geregelten Fälle beschränkt. Das BMF habe in § 1 Abs. 2 Satz 1 StAuskV lediglich Fälle beschrieben, in denen eine verbindliche Auskunft von allen Beteiligten nur gemeinsam beantragt werden kann. § 1 Abs. 2 StAuskV regele indes nicht, dass eine verbindliche Auskunft nur in den genannten Fällen einheitlich erteilt werden kann. Die StAuskV enthalte keine Aussagen zur Gebührenpflicht einer verbindlichen Auskunft. Solche Aussagen wären auch nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt.

Für die Erhebung nur einer Gebühr gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO genüge es, dass das Finanzamt gegenüber den Klägern tatsächlich eine einheitliche verbindliche Auskunft erteilt hat. Dies sei hier der Fall. Die Kläger haben ausdrücklich einen gemeinsamen Antrag gestellt. Das Finanzamt habe dem Antrag in vollem Umfang entsprochen. Unbeachtlich sei, dass das Finanzamt für jeden Kläger einen gesonderten, allerdings inhaltsgleichen Bescheid erlassen habe. Unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Streitfalls liege in der Sache nur eine verbindliche Auskunft vor. Die Aufteilung sei rein formal.

Lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen hebt der BFH das Urteil des FG auf.

Fazit

Der BFH bestätigt in der Sache die Entscheidung des FG. Bei einer einheitlich erteilten verbindlichen Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern sei nur eine gemeinsame Gebühr nach § 89 Abs. 3 Satz 2 AO festzusetzen. Entscheidend sei die tatsächliche Einheitlichkeit der Auskunft, nicht die formale Anzahl der Bescheide. Auch wenn das Finanzamt formal mehrere Bescheide erlässt, kann dies nicht zur mehrfachen Gebührenpflicht führen, sofern die Auskunft inhaltlich einheitlich ist. Damit wird die frühere BFH-Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben.

In der Praxis sollten mehrere Beteiligte prüfen, die verbindliche Auskunft gemeinsam zu beantragen, um eine einheitliche Gebührenfestsetzung zu ermöglichen. Dafür sollten im Antrag die Beteiligungsverhältnisse und das gemeinsame Interesse klargestellt werden. Dabei ist auf die inhaltlich identische und gleichzeitige Erteilung der Auskunft gegenüber allen Antragstellern zu achten.

Autorinnen: Christian Hassa, Lena Netzer

 

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