Industriestrompreis: Chancen für stromintensive Unternehmen

Der viel beschworene Industriestrompreis nimmt Gestalt an.

Das Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz legt nunmehr fest, dass in den Jahren 2026 bis 2028 der Strompreis für 50% der Strommenge auf maximal 50€/MWh begrenzt werden soll, was 5ct/kWh entspricht. Unternehmen der KUBELL-Liste 1 werden automatisch berücksichtigt. Andere Sektoren können unter der Voraussetzung der Erfüllung der CISAF-Kriterien ebenfalls eine Förderung erhalten, müssen dafür jedoch aktuelle Strom- und Handelskennzahlen nachweisen. Die Beihilfe in ihrer konkreten Ausgestaltung ist letztlich abhängig von der Genehmigung der Europäischen Kommission. Unternehmen, die bereits von der Strompreiskompensation profitieren, erhalten ein Wahlrecht zwischen den beiden Instrumenten. Politisch wird signalisiert, dass Deutschland den Rahmen vollständig ausschöpfen möchte, was eine aktive Bereitstellung belastbarer Daten voraussetzt.

Wer ist dabei und wer darf noch hoffen?  

Die CISAF-Vorgaben bestimmen, welche Unternehmen über die klassische KUEBLL-Liste hinaus begünstigt werden können. Maßgeblich sind drei Kennzahlen: Die Stromintensität (Anteil der Stromkosten am Umsatz), Handelsintensität (Anteil des Außenhandels am Umsatz) sowie die kombinierte Intensität (Produkt aus Strom- und Handelsintensität).

Unternehmen der KUEBLL-Liste 1 gelten automatisch als förderfähig. Für andere Branchen müssen aktuelle Daten diese Schwellenwerte belegen. Dabei zeigen sich mitunter Verschiebungen gegenüber den historischen Referenzwerten aus 2013-2015. Diese sind unter anderem zurückzuführen auf gestiegene Strompreise bei teilweise eingeschränkter Weitergabe an Kunden, Veränderungen im Außenhandel, z.B. durch den Brexit oder neue Handelsketten sowie branchenspezifische Entwicklungen wie neue Märkte, Technologien oder Lieferketten. Diese Faktoren führen nun dazu, dass viele Unternehmen, die erstmal nicht förderfähig waren, heute die CISAF-Kriterien erfüllen können. Jedenfalls ist eine belastbare Datenerhebung entscheidend. Dafür notwendig sind aktuelle Kennzahlen zu Stromkosten, Handels- und Exportvolumen, ergänzt durch Vergleiche mit historischen Werten, um die Entwicklung plausibel zu dokumentieren. Öffentliche Datenquellen wie Eurostat oder WTO-Statistiken sind hilfereich, erfordern aber eine detaillierte Aufbereitung. Unternehmen, die nicht automatisch über die KUEBLL-Liste 1 begünstigt sind, sollten daher so früh wie möglich prüfen, ob sie die CISAF-Kriterien erfüllen und Nachweise sorgfältig aufbereiten, um die Chance auf eine Förderung noch aufrecht zu erhalten.

Nicht nur Symptombekämpfung

Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft den strategischen Rahmen des Industriestrompreises. Man will den hohen Strompreisen nicht nur mit „Symptombekämpfung“ (= Strompreisdeckelung) begegnen. Vielmehr soll er in ein langfristiges Marktdesign eingebettet werden, das auf Erneuerbaren Energien basiert und die Nachfrageflexibilität aktiv einbezieht. Das bedeutet, dass die erhobenen Daten nicht nur entscheidend für die Beantragung der Beihilfe sind, sondern zugleich auch die Grundlage bilden für eine fundierte Investitionsplanung, die Unternehmen hilft, nachhaltig und zukunftsorientiert zu wirtschaften.

Zugleich besteht jedoch die Gefahr, dass die bereitgestellten Beihilfen potenziell falsche Anreize setzen könnten. Unternehmen könnten weniger motiviert werden, in Innovationen oder Maßnahmen zur Flexibilisierung zu investieren. Der Industriestrompreis verfolgt daher das Ziel, kurzfristige Entlastungen mit langfristigen Anreizen für effizienten und flexiblen Energieeinsatz zu verbinden.

Nur gegen ökologische Gegenleistung

Die Beihilfe ist an ökologische Investitionen gebunden. Mindestens 50% der erhaltenen Beihilfe müssen in Maßnahmen fließen, die den Stromverbrauch senken oder das Stromsystem entlasten.

Dazu zählen der Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft, Photovoltaik und Biomasse, die Einführung von Energiespeicherlösungen wie Batteriespeichern und Power-to-X-Technologien sowie Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrageflexibilität durch Lastverschiebung und intelligente Steuerung. Auch Effizienzsteigerungen in Produktionsanlagen und Prozessketten, der Aufbau von Elektrolyseuren für grünen oder kohlenstoffarmen Wasserstoff sowie die Elektrifizierung bislang fossiler Prozesse gehören zu den förderfähigen Investitionen.

Ein Flexibilitäts-Bonus von 10% kann erreicht werden, wenn mindestens 80% der Gegenleistungen in Maßnahmen zur Erhöhung der Nachfrageflexibilität investiert werden, wobei mindestens 75% des gewährten Flexibilitäts-Bonus in Gegenleistungen investiert werden müssen..

Autoren: Tarek Abdelghany, Yannick Bothe

 

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