BFH: Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Out-of-Home-Werbung

Mit Urteil vom 17. Oktober 2024 (III R 33/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bei Verträgen, die Werbung mit digitalen oder analogen Werbeträgern zum Gegenstand haben und bei denen die Hauptleistungspflicht in einem zu erzielenden Arbeitsergebnis (und nicht in dem Zurverfügungstellen des Werbeträgers zur Nutzung durch den Kunden) besteht, ein Werkvertrag vorliegt. Aufwendungen für die Überlassung von Werbeträgern, die im Rahmen eines Werkvertrags angefallen sind, unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG.

Hintergrund

Der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen u. a. (anteilig) Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten, insbesondere Konzessionen und Lizenzen, mit Ausnahme von Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (§ 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG), sowie Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG).Vorliegend hatte der BFH darüber zu entscheiden, ob die Aufwendungen einer Spezialagentur an einen Werbeträgeranbieter für die Durchführung von Werbekampagnen im Außenbereich der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG unterliegen.

Sachverhalt

Die A-GmbH (Klägerin) ist eine Spezialagentur im Bereich der Beratung für Außenwerbung und Vermittlung von Werbeträgern im Außenbereich (Out of Home-Werbung). Die Klägerin erarbeitete Vorschläge zur Durchführung von Werbemaßnahmen, ohne selbst analoge oder digitale Werbeflächen zur Verfügung zu stellen, sondern buchte als Teil ihrer Dienstleistung bei verschiedenen Werbeträgeranbietern unterschiedliche Werbeträgerflächen für einen begrenzten Zeitraum. Nur in einzelnen Fällen wurde der Standort eines Werbeträgers durch die A-GmbH bzw. deren Kunden konkret bestimmt (sog. Premiumstandorte). Daneben umfasste die Tätigkeit der A-GmbH üblicherweise auch die Evaluation der Werbemaßnahme sowie die Dokumentation und das finanzielle Reporting i. R. d. Schlussabrechnung.

Dagegen gehörte zum Aufgabenbereich der Werbeträgeranbieter regelmäßig das Anbringen der Außenwerbung, die Pflege, das Ausbessern und Erneuern bei Beschädigungen während der vereinbarten Aushangzeit und ggfs. die Dokumentation des Leistungserfolges. Die A-GmbH berechnete die von den Werbeträgeranbietern in Rechnung gestellten Kosten ohne Aufschlag an ihre Kunden weiter. Die A-GmbH ihrerseits erhielt von den Werbeträgeranbietern aufgrund von sogenannten Zusatz-Spezialvermittlervergütungs- und Zahlungsverträgen jeweils eine Vergütung für die Vermittlung in Form eines bestimmten Prozentsatzes auf den jeweiligen Umsatz.

Die Außenprüfung vertrat die Auffassung, dass ein Teil der an die Werbeträgeranbieter entrichteten Entgelte Mietaufwendungen darstellen und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG unterliegen. Das erstinstanzliche Finanzgericht lehnte hingegen eine (anteilige) gewerbesteuerliche Hinzurechnungen der Aufwendungen für die Buchung von Werbeträgern ab.

Entscheidung des BFH

Nach dem BFH scheidet zunächst eine Hinzurechnung der von der A-GmbH an die Werbeträgeranbieter geleisteten Zahlungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (keine befristete Rechteüberlassung) im Streitfall aus. Rechte in diesem Sinne sind Immaterialgüterrechte, d. h. subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbstständigem Vermögenswert, die eine Nutzungsbefugnis enthalten und an denen eine geschützte Rechtsposition – ein Abwehrrecht – besteht. Durch die Vereinbarungen über die Werbung auf Werbeträgern erwarb die A-GmbH lediglich den Anspruch, dass die Werbeträgeranbieter gegen Entgelt Werbung auf Werbeträgern sichtbar machten. Einen Ausschluss von Wettbewerbern der Kunden der A-GmbH sicherten die Werbeträgeranbieter nicht zu.

Ferner ist nach dem BFH auch keine Hinzurechnung der Aufwendungen für die Werbeträger nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG (keine Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern) vorzunehmen. Die von der A-GmbH an die Werbeträgeranbieter für die digitale Werbung gezahlten Entgelte seien nicht als Miet- oder Pachtzinsen im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG einzuordnen. Insoweit bezieht sich der BFH auf seine Rechtsprechung zu Sponsoringverträgen, bei denen nicht die Benutzung der digitalen Fläche, sondern eine zu erbringende Werbeleistung im Vordergrund steht und die Vertragsparteien ein bestimmtes Arbeitsergebnis vereinbart haben. Auch die Verträge, die die A-GmbH mit den Werbeträgeranbietern über die Werbung digitaler Werbeträger abgeschlossen hat, seien nicht als Mietverträge einzuordnen. Die Werbeträger hätten sich verpflichtet, elektronischen Content auf den von ihnen vorgehaltenen digitalen Werbeflächen wiederzugeben. Es handele sich im Wesentlichen um eine Werkleistung und nicht um die Gebrauchsüberlassung bestimmter Flächen.

Nach dem BFH sind auch die von der A-GmbH mit den Werbeträgeranbietern abgeschlossenen Verträge über Werbung an analogen Werbeträgern außerhalb sog. Premiumstandorte als Werkverträge einzuordnen. Die vertraglichen Pflichten seien auf einen Erfolg (Werbewirkung) gerichtet. Auch der Umstand, dass die A-GmbH beim Vertragsschluss den einzelnen Werbeträger weder bestimmt hat noch bestimmen konnte, spreche dafür, dass es ihr bei den Verträgen mit den Werbeträgeranbietern nicht auf den bloßen Gebrauch von Werbeflächen ankam.

Auch die an die Werbeträgeranbieter gezahlten Entgelte für die Werbung an sog. Premiumstandorten sind nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG hinzuzurechnen, weil die Werbeträger an diesen Standorten nicht zum fiktiven Anlagevermögen der A-GmbH gehörten. Der BFH lässt im Streitfall offen, ob die Einordnung der zugrunde liegenden Verträge als Mietverträge in Betracht kommt. Die Werbeflächen auf Werbeträgern an Premiumstandorten seien nicht dauerhaft dazu bestimmt, dem Betrieb der A-GmbH zu dienen. Wegen der vorgelagerten Entscheidung der Kunden der A-GmbH über den Ort der Werbung (Premiumstandort) seien die Flächen nicht austauschbar und lediglich der Art nach bestimmt.

Praxishinweis

Die BFH-Entscheidung fügt sich in die bisherige Rechtsprechung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Entgelten ein, die (zumindest zum Teil) für die Überlassung von Wirtschaftsgütern geleistet werden. Insoweit wird vorausgesetzt, dass die den Aufwand verursachenden Verträge nach ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt als Miet- oder Pachtverträge einzuordnen sind oder jedenfalls trennbare miet- oder pachtrechtliche Hauptleistungspflichten enthalten. Liegen Werkverträge bzw. gemischte Verträge eigner Art vor, unterliegen die zugrundliegenden Aufwendungen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (z. B. Aufwendungen im Rahmen eines Sponsoringvertrags; vgl. BFH vom 23. März 2023, III R 5/22) oder Mieten für Mehrwegbehältnisse im Rahmen eines Voll-Logistik-Konzepts (mit umfangreichen Werk-, Dienstleistungs- und Transportvertragselementen; vgl. BFH vom 1. Juni 2022, III R 56/20).

Liegen Mietverträge vor, setzt die gewerbesteuerliche Hinzurechnung weiter voraus, dass die überlassenen Wirtschaftsgüter sog. fiktives Anlagevermögen des anmietenden Unternehmens darstellen. Dazu muss der Geschäftszweck bzw. die spezifischen betrieblichen Verhältnisse das dauerhafte Vorhandensein gleichartiger angemieteter Wirtschaftsgüter voraussetzen (vgl. zu Werbeaufwendungen auch BFH vom 16. September 2024, III R 36/22).

Bejaht hat der BFH fiktives Anlagevermögen, wenn Anmietungen ggfs. nur für kurze Zeit, aber regelmäßig erfolgt sind, z. B. bei angemieteten Standflächen bei einem Imbissbetrieb im Reisegewerbe (vgl. BFH vom 12. Oktober 2023, III R 39/21) oder bei kurzfristiger Anmietung von häufig wechselnden Immobilien im Fall eines Konzertveranstalters (vgl. BFH vom 8. Dezember 2016, IV R 24/11). Fiktives Anlagevermögen hatte der BFH verneint z. B. bei der Anmietung von Messestandflächen im Fall eines Produktionsunternehmens ohne Direktvertrieb (vgl. BFH vom 23. März 2022, III R 14/21), für angemietete Hotelzimmer eines Reiseveranstalters (vgl. BFH vom 25. Juli 2019, III R 22/16) sowie für angemietete Messeflächen im Fall einer Durchführungsgesellschaft (vgl. BFH vom 25. Oktober 2016, I R 57/15).

Autor: Bernd Keller

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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