BFH: Keine Neugesellschafter-Eigenschaft bei indirekter Beteiligungsänderung an einer Personengesellschaft

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 21. August 2024 (Az. II R 16/22) entschieden, dass bei einer Verlängerung der Beteiligungskette einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine neuen Gesellschafter im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) hinzukommen, wenn die ursprünglichen Gesellschafter weiterhin indirekt beteiligt bleiben.

Sachverhalt

Alleinige Gesellschafterin der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, war eine Personengesellschaft. Die X KG war wiederum an dieser Gesellschafterin beteiligt und damit mittelbar zu 100 Prozent an der Klägerin. Die X KG bestand aus fünf Gesellschaftern, die zu unterschiedlichen Anteilen beteiligt waren. Am 17. Dezember 2015 wurden u. a. 40 Prozent dieser Anteile an eine neue Personengesellschaft übertragen, an der die zuvor an der X KG beteiligten Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt waren. Das Finanzamt sah aufgrund anderer, unstrittiger Anteilsübertragungen die vorgenannte Übertragung als grunderwerbsteuerpflichtig an, da es der Meinung war, dass insgesamt innerhalb von fünf Jahren neue Gesellschafter in schädlicher Höhe von damals 95 Prozent hinzugekommen wären (derzeitig gilt hier eine 90-Prozent-Grenze innerhalb von zehn Jahren). Dagegen richtete sich die Klage und später die Revision der Klägerin.

BFH – keine neuen Gesellschafter im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts München sowie die Bescheide des Finanzamts auf. Nach Ansicht des BFH (und entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung; siehe gleich lautende Erlasse zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG vom 10. Mai 2022, BStBl. I 2022, 801, Beispiel unter 5.3.2) sei durch das Einfügen einer mittelbar beteiligten Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur kein neuer Gesellschafter im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG hinzugekommen und damit sei für die Beurteilung einer Neugesellschafterstellung durch Personengesellschaften „hindurchzuschauen“. Mangels Erreichen der 95-Prozent-Grenze war danach der Vorgang nicht steuerbar, auch eine Befreiung komme nicht in Betracht.

Unterscheidung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften

Im Gegensatz dazu hatte der BFH im Juli 2024 (Urteil vom 31. Juli 2024 – II R 28/21) entschieden, dass die Frage im Fall der Änderung im Gesellschafterbestand einer an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft abweichend geregelt werden soll. Laut BFH ist für die Frage, ob eine unmittelbar an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG anzusehen ist, nur auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft abzustellen („Ebenenbetrachtung“). Für den Fall, dass im beschriebenen Fall eine Kapitalgesellschaft (also keine Personengesellschaft) eingefügt worden wäre, nimmt der BFH danach die Neugesellschafterstellung für diese an.

Bedeutung für die Praxis

Für die Zukunft bedeutet dies, dass Umstrukturierungen in Personengesellschaften nicht automatisch zu Grunderwerbsteuer führen, solange die ursprünglichen Gesellschafter weiterhin über Personengesellschaften indirekt beteiligt bleiben. Dies erhöht die Planungssicherheit, da das Urteil klare Kriterien bietet, wann eine Änderung im Gesellschaftertatbestand steuerpflichtig ist. Wichtig ist, dass sichergestellt ist, dass die ursprünglichen Gesellschafter indirekt über Personengesellschaften beteiligt bleiben und Umstrukturierungen sorgfältig dokumentieren. Das Urteil ist zu § 1 Abs. 2a GrEStG ergangen, ein entsprechendes Verfahren zu § 1 Abs. 2b GrEStG ist aber bereits anhängig (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. April 2024 (5 K 2022/23, Revision beim BFH anhängig unter II R 16/24). Da die Regelungen deckungsgleich sind, ist davon auszugehen, dass die vorgenannten Grundsätze auch in Bezug auf grundbesitzende Kapitalgesellschaften gelten. Komplex wird die Beurteilung der Share-Deals durch die Entscheidung des Gesetzgebers, Personen- und Kapitalgesellschaften als Beteiligte an einer grundbesitzenden Gesellschaft unterschiedlich zu behandeln. Der BFH hat nunmehr diese Handhabung in einem ersten Schritt bestätigt.

Autorin: Julia Wunderlich

Dies ist ein Beitrag aus unserem Steuer-Newsletter 1/2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen oder weitere Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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