Grundbesitz, der am Übertragungsstichtag nicht an Dritte überlassen ist, ist kein schädliches Verwaltungsvermögen

Mit seinen zwei erfreulichen Urteilen vom 14. November 2024 hat das Finanzgericht (FG) Münster (3 K 906/23 sowie Parallelentscheidung 3 K 908/23) entschieden, dass Grundstücke, die am maßgeblichen Übertragungsstichtag fremden Dritten nicht zur Nutzung überlassen werden, kein schädliches Verwaltungsvermögen darstellen und damit der erbschaftsteuerlichen Verschonung unterliegen.

Hintergrund

Das Erbschaftsteuergesetz sieht für Betriebsvermögen weitreichende Verschonungsmöglichkeiten vor. Dabei wird im Wesentlichen zwischen begünstigtem Vermögen („gutes“ Vermögen) und sog. Verwaltungsvermögen (nicht verschontes, „schlechtes“ bzw. „schädliches“ Vermögen) unterschieden. Der Katalog des Verwaltungsvermögens ist in § 13b Abs. 4 ErbStG abschließend geregelt. Danach gehört gemäß § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG insbesondere Dritten zur Nutzung überlassener Grundbesitz zum schädlichen Verwaltungsvermögen.

Sachverhalt

Dem Kläger wurden zum 31. Dezember 2019 Gesellschaftsanteile an einer gewerblichen GmbH & Co. KG geschenkt. Im Betriebsvermögen der KG befanden sich mehrere nicht bezugsfähige Gebäude im Bau, welche erst ab Mitte 2020 fremden Dritten zur Nutzung überlassen wurden.

Urteile des FG Münster

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung verneinte das FG Münster eine Qualifizierung des Grundbesitzes als Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 1 ErbStG, da der streitbefangene Grundbesitz am Übertragungsstichtag nicht Dritten zur Nutzung überlassen war. Maßgeblich seien ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse am Bewertungsstichtag. Auf eine am Stichtag beabsichtigte zukünftige Nutzungsüberlassung an Dritte komme es nicht an, dies würde dem klaren Wortlaut des Gesetzes widersprechen. Auch eine analoge Anwendung hält das Gericht für nicht geboten.

Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidungen sind für die Nachfolgepraxis erfreulich. Obwohl die Urteile explizit nur zu Gebäuden im Zustand der Bebauung ergangen sind, lassen sich die dargelegten Grundsätze u. E. auf sämtliche Fälle übertragen, in denen es an einer Nutzungsüberlassung an Dritte im Übertragungszeitpunkt mangelt. Insbesondere im Fall von Leerstand – z. B. nach Kündigung – sollte der Grundbesitz begünstigtes Vermögen darstellen. Es empfiehlt sich, die Gründe für den Leerstand hinreichend zu dokumentieren.

Das Revisionsverfahren ist vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängig (II R 37/24). Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser positionieren wird.

Autoren: Sven-Oliver Stoklassa, Lennard Deutsch

Want to know more?