Zölle und Verrechnungspreise: Implikationen der aktuellen Diskussionen
Zölle und Verrechnungspreise
Hintergrund
Zölle beeinflussen internationale Transaktionen – nicht nur im klassischen Außenhandel, sondern auch bei konzerninternen Lieferungen. Dabei treffen unklare Ankündigungen, plötzliche Rücknahmen oder selektive Ausnahmen auf bestehende Verrechnungspreissysteme. Zollwert und Verrechnungspreis haben Gemeinsamkeiten, sie funktionieren aber nach völlig unterschiedlichen Regelwerken. Während der Zollwert auf den Importzeitpunkt abstellt, werden Transferpreise oft aggregiert und retrospektiv gesteuert. Der Konflikt ist vorprogrammiert.
Auch methodisch gibt es Differenzen: Die Zollwertbestimmung kennt sechs Bewertungsmethoden, wobei der Transaktionswert die am häufigsten verwendete ist. Bei Verrechnungspreisen kommen hingegen Methoden wie Kostenaufschlagsmethode, Wiederverkaufspreismethode oder die transaktionsbezogene Nettomargenmethode (TNMM) zum Einsatz – jeweils mit ganz eigener Logik und Zielsetzung.
Verrechnungspreisimplikationen von Zöllen auf verschiedene Geschäftsmodelle
Die Effekte von Zöllen auf Verrechnungspreise sind vielfältig und hängen stark vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Ökonomisch stellen Zölle Kosten dar, die bei der Verrechnungspreisbildung unterschiedlich berücksichtigt werden.
- Bei Lohnfertigern, die typischerweise nach der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden, fließen Zölle direkt in die Kostenbasis ein. Für das Fertigungsunternehmen selbst ändert sich wenig – der Auftraggeber trägt die zusätzlichen Kosten und damit den wirtschaftlichen Nachteil.
- Routinevertriebsunternehmen, die nach der TNMM vergütet werden, sollten definitionsgemäß stabile, aber niedrige Gewinne erzielen. Soweit Zölle nicht an Kunden weitergegeben können, wirken sie sich auf den Lieferanten aus – das Vertriebsunternehmen wird von zusätzlichen Kosten in Form von Zöllen ganz oder zumindest teilweise freigestellt.
- „Fully fledged“-Distributoren arbeiten oft mit der Wiederverkaufspreismethode. Soweit Zölle nicht an Kunden weitergegeben können, reduziert sich zunächst die Marge des Händlers. Da die Marge aber die Kosten des Händlers inklusive der Zöller decken und einen angemessenen Gewinn ermöglichen muss, wäre nachzuverhandeln, sodass letztlich auch in diesem Falle der Lieferant an der zusätzlichen Belastung zumindest beteiligt würde.
Denkbar sind auch Profit-Split-orientierte Überlegungen, um die Belastung durch Zölle möglichst gerecht zwischen den Parteien zu verteilen. Dazu können Margen so eingesteuert werden, dass ein Vertriebsunternehmen zwar keine Verluste, aber auch nur minimale Gewinne oder einen Break-even erzielt. Damit wird ein Routineunternehmen in begrenztem Rahmen an den zusätzlichen Kosten beteiligt, während der Entrepreneur nur so weit wie unbedingt nötig belastet wird.
Risiko Funktionsverlagerung
Wird infolge protektionistischer Politik über eine Verlagerung der Produktion in das Land, welches die Zölle erhebt, nachgedacht, kann dies eine steuerlich relevante Funktionsverlagerung bedeuten. Hier droht eine Wegzugsbesteuerung – sorgfältige Analyse, Bewertung und Dokumentation sind unerlässlich. Für mehr Rechtssicherheit kann ein Advanced Pricing Agreement (APA) sorgen.
Bedeutung für die Praxis
Unternehmen sollten ihre Verrechnungspreissysteme auf potenzielle Zollrisiken hin überprüfen. Anpassungen innerhalb der fremdüblichen Bandbreite – etwa durch Anpassung der Margen – beeinflussen direkt den Verrechnungspreis und damit auch die Basis für die Anwendung des Zolltarifs. Reduziert sich angesichts der Zusatzbelastung durch Zölle der Verrechnungspreis, reduziert sich auch der Zollwert und damit der zu entrichtende Zoll. Zölle als zusätzliche Kostenkomponenten sollten aktiv eingepreist werden.
Autor*innen: Bettina Grothe, Roland Pfeiffer, Stephan Wolligandt