Grundsteuerneubewertung: Update zum Verfahrensstand der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit

Die seit dem 1. Januar 2025 geltenden Grundsteuerregelungen stehen bundesweit in zahlreichen Verfahren gerichtlich auf dem Prüfstand.

Hintergrund

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 das alte Grundsteuermodell für verfassungswidrig erklärte, wird die Grundsteuer seit Beginn dieses Jahres nach neuem Recht erhoben. Die Bundesländer können abweichende Regelungen einführen. Sowohl das von den meisten Ländern übernommene Bundesmodell als auch die fünf anderen Modelle stehen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken in der Kritik.

Das Bundesmodell ist ein stark typisiertes werteabhängiges Verfahren, welches u. a. Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudenutzfläche oder Bruttogrundfläche, Baujahr und Mietniveaustufe der Gemeinde sowie die Nutzungsart berücksichtigt. Die Wertableitung ist für Steuerpflichtige intransparent und wirkt willkürlich. Individuelle, wertbeeinflussende Faktoren werden nur unzureichend berücksichtigt.

Aufgrund zweier BFH-Beschlüsse wurde § 220 Abs. 2 BewG eingeführt und erlaubt die Berücksichtigung eines niedrigeren Verkehrswerts. Darüber hinaus gibt es noch keine weiteren Anhaltspunkte aus der Feder des Bundesfinanzhofs (BFH), aus welchen Gründen die Regelungen verfassungswidrig oder -gemäß sein könnten, weder für das Bundesmodell noch für die anderen Ländermodelle.

Eine höchstrichterliche Klärung ist zu erwarten

Obwohl die Finanzgerichte die Verfassungswidrigkeit meist ablehnen, steht eine Entscheidung des BFH noch aus. Für alle Modelle außer dem Flächenmodell in Bayern und dem Flächen-Lage-Modell in Niedersachsen sind Verfahren vor dem BFH anhängig.

Bedeutung für die Praxis

Auch die Verfahrensweise der Finanzverwaltungen in den Ländern ist nicht einheitlich: Einige Finanzämter setzen die Grundsteuer aufgrund der anhängigen Verfahren nach § 165 AO vorläufig fest oder lassen Einspruchsverfahren ruhen; andere wenden die neuen Regelungen strikt an und treiben die Steuerpflichtigen in die Klage.

Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung empfehlen wir, gegen Grundsteuerwert- und -messbescheide Einspruch einzulegen, sofern diese hinsichtlich der Frage der Verfassungswidrigkeit nicht nach § 165 AO für vorläufig erklärt wurden. Um Kosten zu sparen, sollte das Ruhen des Einspruchsverfahrens beantragt werden, falls dieses nicht automatisch gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO angeordnet wird.

Im Hinblick auf den Grundsteuermessbescheid ist darauf hinzuweisen, dass es sich nicht lediglich um einen Folgebescheid handelt, sondern dieser einen eigenen Regelungsgehalt beinhaltet, der ebenfalls auf seine Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen ist. Eine erste mündliche Verhandlung des BFH zum Bundesmodell ist im November dieses Jahres geplant (BFH, II R 25/24). Mündliche Verhandlungen des BFH zu den abweichenden Besteuerungsverfahren in den Ländern Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen sind ab 2026 zu erwarten. Für die übrigen Berechnungsmodelle, für die bisher nur Verfahren vor den Finanzgerichten anhängig sind, besteht ein Anspruch auf Ruhen des Verfahrens oder auf vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO nicht. Überwiegend lassen die Finanzämter die Verfahren jedoch ruhen.

Autor*innen: Patrick, Wolff, Naomi Klinger

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