„One Big Beautiful Bill“ – Wie Unternehmen von der US-Steuerreform profitieren können
Die US-Regierung hat im Sommer 2025 Geschichte geschrieben: Mit der Unterzeichnung der „One Big Beautiful Bill“ durch Präsident Trump startete die größte Steuerreform seit Jahrzehnten. Auch für viele hiesige Aufsichtsräte und andere hochrangige Entscheidungsgremien bedeutet das eine fundamentale Zeitenwende. Die Steuerreform in Übersee öffnet die Türen für internationale Investitionen wie nie zuvor, doch sie verlangt auch strategische Weitsicht und präzise Umsetzung.
„Alle deutschen Unternehmen mit US-Beteiligungen oder US-Geschäft sind betroffen“, sagt Meik Kranz, Leiter des National Office Tax bei Forvis Mazars. Wer internationale Strukturen mit US-Bezug hat, müsse seine gesamte Steuerarchitektur überdenken. „Die Änderungen zielen klar darauf ab, bestimmte Industrien ins US-Inland zu locken“, ergänzt er. Besonders Autobauer sollen die USA als Produktionsstandort attraktiver finden, aber auch die Halbleiterproduktion, IT-Branchen und ähnliche Bereiche. Forschungs- und Entwicklungsunternehmen erlebten ebenfalls eine starke Anziehung, ebenso Firmen, deren Geschäft sich um immaterielle Wirtschaftsgüter wie Lizenzen oder Patente dreht.
Was regelt die „One Big Beautiful Bill“ genau?
Kern der Reform sind drei Säulen: Erstens werden Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E) in den USA sofort absetzbar, während entsprechende Ausgaben im Ausland weiterhin kapitalisiert werden müssen. Zweitens werden die internationalen Steuerregeln verschärft – die bisherige Regelung zur Mindestbesteuerung ausländischer Tochtergesellschaften wurde durch eine neue mit höheren effektiven Steuersätzen ersetzt. Drittens werden die Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungskosten sowie für Ausrüstungsinvestitionen deutlich verbessert.
Besonders attraktiv für hiesige Unternehmen mit US-Geschäft sind laut Kranz die Sofortabschreibungen für Anschaffungen, die rückwirkend ab dem 20. Januar 2025 greifen. „Dieses Datum sollte man sich merken“, so der Fachmann.
Die wichtigen Änderungen im Überblick
Investitionen werden belohnt: Die 100 %-Bonus-Abschreibung für Maschinen, Anlagen und Ausrüstungen kehrt zurück. So können beispielsweise deutsche Maschinenbauer oder Automobilzulieferer dadurch ihre US-Produktionskapazitäten mit erheblicher Steuerersparnis ausbauen.
Research & Development wird zum Standortfaktor: US-F&E-Kosten können vollständig abgeschrieben werden, während Forschungsausgaben im Ausland über fünf Jahre verteilt werden müssen. Das macht auch amerikanische Forschungsstandorte deutlich attraktiver – und führt nach Einschätzung von Meik Kranz dazu, dass sich Unternehmen fragen müssen: „Ist eine Verlagerung von Produktion und insbesondere des Bereichs F&E in die USA wirtschaftlich sinnvoll oder nicht? Die steuerlichen Anreize sind jedenfalls da.“
Komplexere Unternehmensbesteuerung: Die internationalen US-Steuerregeln werden deutlich verschärft – die bisherige Regelung zur Mindestbesteuerung ausländischer Tochtergesellschaften (Global Intangible Low-Taxed Income, GILTI) wird durch eine neue mit höheren effektiven Steuersätzen abgelöst (Net CFC Tested Income, NCTI). „Das ist vergleichbar mit unseren deutschen Hinzurechnungsbesteuerungsregeln nach dem AStG – aber deutlich komplexer“, erläutert Meik Kranz. Der effektive Steuersatz steigt durch die neuen US-Regeln um ein Fünftel von 10,5 auf 12,6 % – das erfordert eine Neubewertung aller internationalen Holdingstrukturen.
Die BEAT-Rate steigt nur moderat: Die Base Erosion Anti-Abuse Tax – eine Zusatzsteuer, die verhindert, dass US-Töchter ihre Steuerlast durch hohe Zahlungen an ausländische Konzerngesellschaften drücken – steigt von 10 auf 10,5 % und betrifft Zinsen, Lizenzen und Servicegebühren. Für deutsche Konzerne ist das eine relative Erleichterung: Ohne die Reform wäre die Rate 2026 auf 12,5 % gestiegen. Die permanente Fixierung schafft Planungssicherheit für große Unternehmen mit US-Töchtern, die regelmäßig konzerninterne Zahlungen leisten.
Handlungsbedarf auch für deutsche Mittelständler
Von der Steuerreform betroffene Unternehmen mit US-Bezug müssen jetzt handeln. Denn die neuen Regeln erfordern eine umfassende Prüfung bestehender Strukturen und Geschäftsmodelle. Steuerexperte Kranz empfiehlt auch mittelständischen Unternehmen eine systematische Vorgehensweise. Denn insbesondere durch die NCTI-Neuregelungen habe sich das Spiel fundamental geändert. „Die Geschäfts- und vor allem die Steuerstrukturen sollten dringend überprüft werden – funktionieren sie noch oder brauchen wir Anpassungen? Das ist keine Kür, sondern Pflicht für alle mit US-Engagement“, betont Kranz.
Drei übergeordnete Handlungsfelder kristallisieren sich heraus:
- Sofortmaßnahmen initiieren: Alle bestehenden Intercompany-Verträge überprüfen, Transfer-Pricing-Dokumentation aktualisieren und US-Investitionspläne neu bewerten. Besonders kritisch sind Finanzierungsstrukturen und Lizenzvereinbarungen zwischen deutschen Muttergesellschaften und US-Töchtern.
- Strategische Neuausrichtung in Erwägung ziehen: F&E-Standorte neu bewerten – die steuerlichen Vorteile für US-Forschung können Millioneninvestitionen rechtfertigen. Gleichzeitig müssen Boards die höhere Besteuerung ausländischer Gewinne in ihre Strategieplanung einbeziehen.
- Compliance stärken: Die verschärften Meldepflichten und Dokumentationsanforderungen verlangen professionelle Systeme. „Die Komplexität steigt, die Dokumentationsanforderungen werden höher – wer hier nicht vorbereitet ist, läuft in Compliance-Fallen“, warnt der Steuerexperte.
Externe Expertise nutzen
Betroffene Unternehmen dürfen die mit der Reform verbundenen Herausforderungen keinesfalls unterschätzen. Kranz empfiehlt, im Zweifel professionellen Unterstützung in Erwägung zu ziehen: „Um eine steuerliche Bewertung des internationalen Geschäfts vorzunehmen, sollten entsprechende Experten hinzugezogen werden, die am besten global vernetzt sind.“
Fazit: Die US-Steuerreform „One Big Beautiful Bill“ bietet deutschen Unternehmen historische Chancen – verlangt aber auch strategische Klarheit und operative Exzellenz. Führungsgremien, die jetzt handeln, können Millionen sparen und ihre Marktposition in den USA stärken. Der Schlüssel liegt in der Balance: die enormen Vorteile der neuen Abschreibungsregeln und F&E-Anreize nutzen, gleichzeitig aber die Risiken der verschärften internationalen Besteuerung im Griff behalten. Wer diese Aufgabe professionell angeht, sichert seinem Unternehmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile.
Quellen:
- Alvarez & Marsal: US Tax Reform 2025 – Consequences for German Companies (https://www.alvarezandmarsal.com/thought-leadership/us-tax-reform-2025-what-consequences-does-the-obbba-have-for-german-companies-with-us-operations )
- McDermott Will & Emery: Key OBBBA Changes (https://www.mwe.com/insights/corporate-taxpayers-key-one-big-beautiful-bill-act-changes-to-international-and-domestic-taxes/ )
- Nexia: US Tax Reform Impacts on German Companies (https://www.nexia.de/fileadmin/user_upload/Redakteure/Broschueren/Mandanteninformationen/2025/Nexia_US-Tax-Reform_Impacts-on-German-Companies.pdf )
- BIPC: Tax Implications of the One Big Beautiful Bill (https://www.bipc.com/decoding-the-tax-implications-of-the-one-big,-beautiful-bill-for-companies-and-investors )
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