ESG-Strategie: Der Schlüssel zur nachhaltigen Transformation

Eine nachhaltige Unternehmenstransformation ist keine Zukunftsvision mehr, sondern eine zentrale Herausforderung vieler Firmen. Aber wie lässt sich diese umsetzen? Und reicht die Strategie allein aus oder braucht es einen Kulturwandel im Unternehmen, um ESG wirklich in den Köpfen zu verankern? Dazu sprachen wir mit Dr. Nicole Diehlmann, Chief Sustainability Managerin bei der Bechtle AG.

Rund um die Rolle einer ESG-Strategie bei der nachhaltigen Transformation haben wir vier Thesen aufgestellt. Im Folgenden beleuchten diese Dr. Nicole Diehlmann und Dr. Katrin Meyer, Partnerin bei Forvis Mazars und langjährige Expertin für ESG-Strategie, Wesentlichkeit und Transformation, aus Unternehmens- und Beratersicht. Sie bieten wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen, die mit der Entwicklung und Umsetzung einer ESG-Strategie verbunden sind.

These 1: „Eine nachhaltige Transformation kann nur erfolgreich sein, wenn die ESG-Strategie fest in die Unternehmensstrategie integriert ist.“

Die Unternehmenssicht:

Eine nachhaltige Transformation kann nur erfolgreich sein, wenn die ESG-Strategie ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie ist. Wir bei Bechtle betrachten daher das Thema ESG nicht isoliert, sondern verknüpfen es eng mit unseren Unternehmenszielen und dem Business-Kontext, um echten Impact zu erzielen. Bei Bechtle haben wir u. a. eine nachhaltige Beschaffungsstrategie entwickelt, die vor allem den Einkauf dabei unterstützt, das Thema in seiner ganzen Bandbreite voranzubringen.

Uns ist es wichtig, hierbei langfristig zu denken – denn eine reine Fokussierung auf kurzfristige Maßnahmen reicht nicht aus. Es braucht eine strukturelle Verankerung der Themen, um nachhaltige Veränderungen zu schaffen.

Die Beratersicht:

Das ist richtig. Unternehmen, die ESG als integralen Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie verstehen, sind widerstandsfähiger gegenüber regulatorischen und marktseitigen Veränderungen. Hierfür muss das Management ESG-Ziele priorisieren und diese in die Unternehmensstrategie implementieren, statt sie als separate Einheit zu sehen. Wir raten Unternehmen stets dazu, eine klare Governance-Struktur zu entwickeln, um Verantwortlichkeiten zu definieren, ESG-Maßnahmen umzusetzen und deren Ergebnisse letztlich messbar zu machen.

These 2: „Eine erfolgreiche ESG-Transformation erfordert einen tiefgreifenden Kulturwandel im Unternehmen.“

Die Unternehmenssicht:

Wir als Unternehmen müssen das Thema Nachhaltigkeit in den Köpfen unserer Mitarbeiter*innen verankern – nur dann kann eine echte Transformation stattfinden. Hierfür bietet die Bechtle Akademie verschiedene E-Learning-Formate an, um ein breitgefächertes ESG-Wissen im Konzern zu etablieren und konkrete Handlungsfelder abzuleiten. So gibt es eine Basisschulung Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit im Vertrieb, speziell für Diversity vermittelt ein weiteres E-Learning die sieben Dimensionen der Charta der Vielfalt, und die Schulung Unconcoius Bias soll dabei unterstützen, Stereotype zu erkennen und zu reduzieren.

Wir sehen ESG nicht als reines Compliance-Thema, sondern als strategische Chance. So kann ein Bewusstseinswandel gelingen.

Die Beratersicht:

Ein Kulturwandel bedeutet, dass das Thema ESG als fester Bestandteil der Unternehmenswerte gesehen wird – und nicht als kurzfristiger Trend. ESG muss als Innovationstreiber verstanden werden. Nachhaltige Geschäftsmodelle können langfristig wirtschaftliche Vorteile bringen. Und das muss bei den Menschen wirklich ankommen – nicht nur vom Management als hehres Ziel vorgegeben werden. Das funktioniert nicht, ohne zu erklären, was diese Vorteile sind und wie sie entstehen. Verhaltensänderungen erfordern konsistente Kommunikation und eine klare Verknüpfung mit den Unternehmenszielen.

These 3: Durch die Anforderungen der CSRD wird ESG zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Unternehmensführung.“

Die Unternehmenssicht:

Die erste Nachhaltigkeitserklärung nach CSRD haben wir im März 2025 veröffentlicht. Im Laufe der Umstellung auf die Anwendung des ESRS-Rahmenwerkes haben auch wir Prozesse angepasst. Natürlich ist auch für uns – wie bei vielen anderen Unternehmen unserer Größe – Compliance mit den Regularien ein wichtiger Treiber, aber wir sehen Nachhaltigkeit unabhängig davon als Notwendigkeit an. Wir haben uns frühzeitig mit den Anforderungen künftiger ESG-Reportings befasst, bereits 2011 begonnen, das Thema Nachhaltigkeit strategisch zu betrachten und 2015 den ersten Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht.

Letztlich kann dies auch zum Wettbewerbsvorteil werden: ESG-Themen haben direkten Einfluss auf Unternehmenskennzahlen, z. B. über Investorenratings oder Finanzierungskonditionen.

Die Beratersicht:

Wann die Überführung der CSRD in deutsches Recht kommt, steht noch nicht fest. Und laut des Vorschlags für das erste EU-Omnibus-Paket ist hier auch mit einigen inhaltlichen Änderungen zu rechnen. Wir gehen aktuell davon aus, dass perspektivisch das nichtfinanzielle Reporting nach und nach für Unternehmen zur Pflicht wird. Das führt künftig zu einer stärkeren Standardisierung der ESG-Berichterstattung, was Unternehmen zu mehr Konsistenz zwingt. Wir raten allerdings auch den Firmen, die nicht direkt unter die CSRD fallen, dazu, das Thema ESG ernst zu nehmen und ihre wesentlichen nichtfinanziellen Daten offenzulegen. Unter anderem, da Investor*innen und Kund*innen entsprechende Nachweise erwarten. ESG sollte nicht nur als Pflichtprogramm gesehen werden, sondern als Managementinstrument, um die nachhaltige Unternehmensentwicklung steuern zu können und letztlich auch die Resilienz zu stärken. Die Integration von ESG-Kennzahlen in die Finanzberichterstattung wird ein entscheidender Faktor für zukünftige Unternehmensbewertungen sein.

These 4: „ESG-Ziele müssen unabhängig von regulatorischem Druck messbar sein und in strategische Entscheidungen integriert werden.“

Die Unternehmenssicht:

Wie bereits gesagt, betrachten wir bei Bechtle Nachhaltigkeit nicht als „weiches Thema“, sondern haben klare Ziele. Um diese bewerten zu können, bedarf es klarer Kennzahlen. Deshalb erheben wir quantitative ESG-Daten mithilfe einer Sustainability Software, prüfen deren Qualität, werten die Daten aus und analysieren sie. Der Überblick über die Kennzahlen hilft uns auch, unsere Kosten zu optimieren, beispielsweise beim Einkauf von Öko-Strom.

Wir haben einheitliche Standards in der ESG-Datenintegration und betten die Kennzahlen in unsere Finanz- und Unternehmenssteuerung ein, um unsere strategischen Entscheidungen zu untermauern. So können wir unsere ESG-Performance konsequent überwachen, um Fortschritte sichtbar zu machen und unsere Nachhaltigkeitsmaßnahmen ggf. anzupassen.

Die Beratersicht:

Die Verbindung zwischen ESG-Kennzahlen und finanziellen KPIs ist die Basis für eine nachhaltige Unternehmensstrategie. Wir raten daher Firmen, sich nicht nur auf regulatorische Anforderungen zu konzentrieren, sondern ESG als langfristigen Werttreiber zu betrachten. Was dabei besonders wichtig ist, ist ein datengetriebener Ansatz, um Nachhaltigkeitsmaßnahmen effizient zu steuern und zielgerichtet weiterzuentwickeln. ESG-Berichte sollten nicht nur nach außen gerichtet sein, um Compliance zu erreichen, sondern auch als internes Steuerungsinstrument genutzt werden.

ESG-Strategie: Fazit der Expertinnen

Zusammenfassend ist eine durchdachte ESG-Strategie entscheidend für die nachhaltige Transformation von Unternehmen. Nachhaltigkeit muss ein fester Bestandteil der Unternehmensstrategie sein und einen tiefgreifenden Kulturwandel fördern. So hilft sie Firmen nicht nur dabei, die Anforderungen von EU-Regularien wie der CSRD zu erfüllen, sondern ist auch ein Instrument, um über die Compliance hinaus Nachhaltigkeitsziele zu erreichen sowie langfristige Wettbewerbsvorteile zu erzielen. So wird die ESG-Strategie zu einem echten Innovationstreiber.

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