Raus aus dem Wohnzimmer, zurück ins Office: was jetzt rechtlich gilt

Was einst als Notlösung in einer globalen Gesundheitskrise begann, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem festen Bestandteil der modernen Arbeitswelt entwickelt: das Homeoffice.

Mit der Rückkehr zur Normalität stellt sich für viele Arbeitgeber die Frage: Wie kann und darf man Mitarbeiter*innen wieder stärker an die physische Präsenz im Büro binden („Return to Office“)? Welche Rahmenbedingungen sind zu beachten, wenn das Homeoffice nicht mehr die Regel, sondern wieder die Ausnahme sein soll? Welche Möglichkeiten hat der Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer*innen zurück ins Büro zu holen?

Weisungsrecht des Arbeitgebers

Die Beendigung einer Homeoffice-Tätigkeit kann grundsätzlich durch einseitige Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO erfolgen, indem der Arbeitgeber die Arbeitnehmer*in anweist, künftig dauerhaft und ausschließlich (oder teilweise) im Betrieb tätig zu sein.

Voraussetzung hierfür ist regelmäßig das Bestehen einer entsprechenden Versetzungsklausel in der Homeoffice-Vereinbarung, die dem Arbeitgeber die Änderung des Arbeitsortes erlaubt. Fehlt eine solche Klausel, ist im Einzelfall durch Auslegung der vertraglichen Regelungen nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob der*die Arbeitnehmer*in auch außerhalb des Homeoffice eingesetzt werden kann. Ergibt die Auslegung, dass dem*der Arbeitnehmer*in eine Tätigkeit im Homeoffice verbindlich zugesichert wurde und eine Beschäftigung außerhalb der vereinbarten Örtlichkeit ausgeschlossen sein soll, ist das Weisungsrecht insoweit ausgeschlossen. Zudem kann sich eine Einschränkung des Direktionsrechts aus § 241 Abs. 2 BGB ergeben, wenn dem*der Arbeitnehmer*in ein Anspruch auf Beibehaltung der Homeoffice-Tätigkeit zusteht – etwa aufgrund betrieblicher Übung, schutzwürdiger Interessen oder besonderer Vereinbarungen.

Bei Ausübung dieses Direktionsrechts ist jedoch zu beachten, dass es dem Maßstab des „billigen Ermessens“ entsprechen muss. Auch wenn die Versetzung formal zulässig ist, verlangt die Rechtsprechung – insbesondere das Bundesarbeitsgericht – eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dazu zählen unter anderem die Vorteile der neuen Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien sowie soziale Aspekte wie familiäre Verpflichtungen oder Unterhaltsverpflichtungen. Mehrere Lösungen können dem billigen Ermessen entsprechen, solange das Ergebnis der Entscheidung den rechtlichen Anforderungen genügt. Maßgeblich ist dabei nicht die konkrete Begründung des Arbeitgebers, sondern ob das Ergebnis objektiv angemessen ist. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung der Grenzen des billigen Ermessens liegt beim Arbeitgeber, wobei der Zeitpunkt der Entscheidung als maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt gilt.

Sollte im Unternehmen ein Betriebsrat eingerichtet sein, könnte die Aufforderung zur Rückkehr ins Unternehmen eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung nach § 111 BetrVG darstellen, wenn mindestens 5 % der Belegschaft betroffen sind. Zudem handelt es sich beim „Return to Office“ regelmäßig um eine versetzungspflichtige Maßnahme, bei der der Betriebsrat – ab einer Betriebsgröße von über 20 Arbeitnehmer*innen – vorab zu informieren und seine Zustimmung einzuholen ist. Arbeitgeber sollten daher vor der Beendigung mobiler Arbeit sorgfältig prüfen, ob Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berührt sind.

Widerrufsrecht des Arbeitgebers

Im Rahmen von Homeoffice-Vereinbarungen kann anstelle einer Ausübung des Direktionsrechts auch ein einseitiges Lösungsrecht in Form eines Widerrufsrechts vereinbart werden. Ein solcher Widerrufsvorbehalt kann sowohl in individuellen Nebenabreden als auch in kollektivrechtlichen Regelungen wie Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen enthalten sein. Der Vorteil eines Widerrufsrechts gegenüber einer Befristung liegt in der flexiblen Bestimmung des Beendigungszeitpunkts durch den berechtigten Vertragspartner. Allerdings muss die Widerrufserklärung form- und fristgerecht erfolgen, was fehleranfällig sein kann.

Wird das Widerrufsrecht über vorformulierte Vertragsbedingungen (AGB) vereinbart, muss es den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB genügen. Insbesondere ist eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB erforderlich. Dabei ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO als Maßstab heranzuziehen. Die Ausübung des Widerrufsrechts muss demnach billigem Ermessen entsprechen, also eine Abwägung der Interessen beider Parteien unter Berücksichtigung von Verhältnismäßigkeit, Zumutbarkeit und sozialen Umständen beinhalten. Obwohl teilweise gefordert wird, dass Widerrufsgründe ausdrücklich genannt werden müssen, ist dies nicht zwingend erforderlich, wenn der Widerruf lediglich zu einer Änderung des Arbeitsortes führt und nicht in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses (z. B. Vergütung oder Arbeitsvolumen) eingreift. Eine andere Bewertung ist jedoch angezeigt, wenn durch den Widerruf kein alternativer Arbeitsort zur Verfügung steht und das Arbeitsverhältnis faktisch außer Vollzug gesetzt wird.

In einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm hat das Gericht festgehalten, dass eine Kündigung einer Homeoffice-Vereinbarung als sogenannte Teilkündigung einer einzelnen arbeitsvertraglichen Vereinbarung grundsätzlich wirksam ist und nicht per se eine unangemessene Benachteiligung des jeweiligen Vertragspartners nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt. Ein Kündigungsvorbehalt verstoße mithin auch nicht gegen das Transparenzgebot und stelle auch keine Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Vorschriften dar.

Änderungskündigung

Ist weder im Arbeitsvertrag noch in einer Zusatzvereinbarung das Kündigungsrecht einer Homeoffice-Regelung wirksam vereinbart, können Arbeitgeber bei einer Weigerung der Rückkehr von Arbeitnehmer*innen ins Büro lediglich eine Änderungskündigung aussprechen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass zwingende Gründe für die Rückkehr ins Büro bestehen und dass die zu berücksichtigenden Interessen der Arbeitnehmer*innen nicht überwiegen. Eine wirksame Änderungskündigung führt dabei jedoch zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sollte der*die Arbeitnehmer*in den Änderungen der Arbeitsbedingungen nicht zustimmen.

Fazit:

Die Rückkehr aus dem Homeoffice ist ein vielschichtiger Prozess, der nicht nur arbeitsorganisatorische, sondern auch rechtliche Fragestellungen aufwirft. Ob über das Direktionsrecht, einen vertraglich vereinbarten Widerruf oder im Rahmen einer Änderungskündigung – jede Maßnahme zur Beendigung mobiler Arbeit muss sorgfältig geplant, rechtlich geprüft und sozialverträglich umgesetzt werden. Dabei sind insbesondere Mitbestimmungsrechte, vertragliche Bindungen und die Anforderungen an „billiges Ermessen“ zu beachten.

Forvis Mazars verfügt über umfassende Erfahrung in der arbeitsrechtlichen Beratung und begleitet Unternehmen bei der rechtssicheren Gestaltung und Umsetzung von Rückkehrprozessen – individuell, praxisnah und mit Blick auf die betrieblichen und personellen Besonderheiten. Wir sind jederzeit Ihr Ansprechpartner, falls Sie Ihre Homeoffice-Strategie überdenken oder rechtlich absichern möchten.

 

Autorin: Riccarda Seubert

Dies ist ein Beitrag aus unserem Newsletter „Menschen im Unternehmen“ 2-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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