Omnibus-Initiative zur Entbürokratisierung der Nachhaltigkeitsberichts- und Aufsichtspflicht

Hintergrund

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet seit 2025 bestimmte Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU sukzessive zur nichtfinanziellen Berichterstattung. In vielen europäischen Staaten wurde die CSRD bereits in nationales Recht überführt. In Deutschland ist dies bislang nicht der Fall. In Deutschland ist dies bislang nicht der Fall - Stand September 2025 liegt lediglich ein Gesetzentwurf vor.

Um den bürokratischen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren und EU-Vorschriften zu vereinfachen, hat die Europäische Kommission am 26. Februar 2025 einen Vorschlag für eine sogenannte Omnibus-Verordnung veröffentlicht. Diese sieht unter anderem Änderungen an der CSRD vor. Eine delegierte Verordnung zur Vereinfachung der EU-Taxonomie wurde in dem Zusammenhang bereits von der EU-Kommission verabschiedet. Diese Änderungen können auch Auswirkungen auf den öffentlichen Sektor haben.

Vorgeschlagenen Anpassungen durch die Omnibus-Verordnung

  1. Anwenderkreis: Für die CSRD voraussichtlich große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeit*innen und entweder mehr als 50 Mio. Euro Umsatz oder mindestens 25 Mio. Euro Bilanzsumme. Bei der EU-Taxonomie liegt die Umsatzschwelle künftig noch höher. Die Berichtspflicht kann also auch weiterhin öffentliche Unternehmen wie beispielsweise Stadtwerke, Krankenhäuser, Universitäten und Anstalten des öffentlichen Rechts betreffen.
  2. Verschiebung der Berichtspflicht: Der Zeitpunkt der Erstanwendung für große Unternehmen, die neu in den Anwendungsbereich fallen und ursprünglich ab 2025 oder 2026 betroffen gewesen wären (Welle 2 und 3), wird um zwei Jahre verschoben. Die entsprechende EU-Richtlinie 2025/794 (die sog. „Stop-the-Clock“-Richtlinie) wurde bereits durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat beschlossen und im EU-Amtsblatt vom 16. April 2025 veröffentlicht. Die nationale Umsetzung der Richtlinie soll bis zum 31. Dezember 2025 erfolgt sein und bei der Umsetzung der CSRD in deutsches Recht unmittelbar mitberücksichtigt werden.
  3. Überarbeitung der CSRD-Berichtsstandards: Die „Exposure Drafts“ zur Überarbeitung der Set 1 der EU-Nachhaltigkeitsstandards (ESRS) wurden am 31. Juli 2025 veröffentlicht und befinden sich bis Ende September in der öffentlichen Konsultation. Ziel der Überarbeitung ist eine Vereinfachung und substanzielle Reduzierung des Umfangs der Standards.
  4. Vereinfachung der Berichtspflichten zur EU-Taxonomie: Am 4. Juli 2025 verabschiedete die EU-Kommission einen delegierten Rechtsakt zur Vereinfachung der Berichtspflichten der EU-Taxonomie. Dieser liegt nun dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat zur Prüfung vorliegt.
  5. „Value Chain Cap“: Ein weiterer Aspekt des Omnibus-Vereinfachungsprozesses ist die Einführung einer Wertschöpfungsketten-Obergrenze(die sog. „Value Chain Cap“). Ziel ist es, Berichtslasten zu reduzieren, die sich aus der Pflicht großer Unternehmen zur Offenlegung von Informationen über ihre Lieferkette ergeben und kleinere Unternehmen betreffen, die nicht unter die CSRD fallen. Dazu soll ein freiwilliger Berichtsstandard erarbeitet und auf dem Wege einer delegierten Rechtsakt erlassen werden. Dieser soll auf dem von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelten freiwilligen Standard für kleine und mittlere Unternehmen (VSME ESRS) basieren. Bis zum offiziellen Erlass des delegierten Rechtakts empfiehlt die Kommission die Verwendung des VSME.

Implikationen für den öffentlichen Sektor

Für öffentliche Unternehmen und öffentlich kontrollierte kapitalmarktorientierte Unternehmen gilt es zu prüfen, ob sie vor dem Hintergrund der Omnibus-Vorschläge weiterhin in den Anwendungsbereich der CSRD und EU-Taxonomie fallen. Der Value Chain Cap könnte für alle Unternehmen des öffentlichen Sektors relevant werden, die nicht in den CSRD-Anwenderkreis fallen.

Fallen öffentliche Unternehmen weiterhin in den Anwendungsbereich der CSRD, birgt es strategische Vorteile, sich schon frühzeitig auf die Anforderungen der Regulatorik und die Implikationen für die Berichterstattung sowie Governance-Strukturen und Managementprozesse vorzubereiten:

1. Die Wesentlichkeitsanalyse als strategisches Instrument nutzen

Die CSRD verlangt die Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse zur Bestimmung der relevanten Berichtsinhalte. Damit können strategisch wichtige Themen für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (kurz ESG; engl. Abkürzung für „Environmental, Social and Governance“) bereits frühzeitig erkannt und  in der Geschäftsstrategie und im Risikomanagement berücksichtigt werden. Außerdem werden durch die Analyse Risiken und Chancen, die im Zusammenhang mit ESG stehen, identifiziert und können in das Risikomanagement und in die strategische Planung einbezogen werden. Die strategische Auseinandersetzung mit den ESG-bezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen, etwa durch die Integration von Klimarisiken in das unternehmensweite Risikomanagement oder der Nutzung transitorischer Chancen, schafft eine langfristige organisatorische Resilienz.

2. Aufbau interner Kompetenzen und Prozesse

Durch die frühzeitige Planung des CSRD-Berichts können bereits interne (Governance-)Strukturen aufgebaut werden, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und Unternehmensführung, -steuerung und -kultur als Grundlage für ein nachhaltiges Wirtschaften zu denken und bestehende Prinzipien, Regelungen, Strukturen und Prozesse anzupassen.

3. Durchführung eines Testlaufs

Um im Berichtsjahr reibungslose und effektive Abläufe bei der Datenbeschaffung zu garantieren, kann die Durchführung eines CSRD-Testlaufs hilfreich sein, um die aktuelle Reife der Organisation zu bewerten und bestehende Lücken zu identifizieren.

4. Synergien mit bestehenden Berichtsstrukturen schaffen

Für die Erhebung der benötigten Datenpunkte können Inhalte aus bestehenden Berichten genutzt und erweitert werden. Zudem sollte eine Verknüpfung mit den finanziellen Kennzahlen des Unternehmens angestrebt werden, um Synergien zwischen Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung zu heben. So lassen sich vorhandene Strukturen effizient nutzen und die Integration von ESG-Themen in die Gesamtsteuerung des Unternehmens stärken.

5. Stakeholder-Einbindung flexibel gestalten

Ein frühzeitiger Start ermöglicht es, interne und externe Stakeholder flexibel in den Prozess zum Bericht einzubinden und abzuholen. Da die CSRD eine Einbindung vorsieht, ist es sinnvoll, diese für den Erstbericht und die folgenden Aktualisierungen der Wesentlichkeitsanalyse einzuplanen.

6. EU-Taxonomie Konformitätslücken schließen

Die Vereinfachungen zur Offenlegung von EU-Taxonomie-Angaben sind im öffentlichen Sektor für diejenigen Unternehmen von besonderem Interesse, die eine Vielzahl von Geschäftsaktivitäten ausüben, die von der EU-Taxonomie erfasst werden. Dazu zählen beispielsweise Energieversorger, Verkehrsbetriebe, Abfall- und Entsorgungsunternehmen oder öffentliche Wohnungsunternehmen. Die Anpassungen beinhalten die Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle. Für Wirtschaftsaktivitäten, deren kumulierter Anteil am Umsatz, den Investitionsausgaben bzw. Betriebsausgaben des Unternehmens unterhalb der Schwelle von 10 % liegt, kann auf die Prüfung auf Taxonomiefähigkeit und -konformität verzichtet werden. Außerdem wurden die Meldebögen vereinfacht und die generischen Prüfkriterien für das Umweltziel Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (sog. „Anlage C“) dem geltenden EU-Recht weiter angenähert. Für taxonomieberichtspflichtige Unternehmen ist es daher wichtig, frühzeitig ihre taxonomiefähigen Wirtschaftsaktivitäten zu erheben, damit genug Zeit für die weiterhin anspruchsvolle Taxonomiekonformitätsprüfung der finanziell wesentlichen Aktivitäten bleibt und mögliche Konformitätslücken bestenfalls vor der Erstberichterstattung geschlossen werden können.

So geht es weiter

Die Änderungen treten, sofern keine Einwände erhoben werden, nach Ablauf der viermonatigen Prüffrist in Kraft, die um zwei Monate verlängert werden kann. Die Vereinfachungen gelten ab dem 1. Januar 2026 für das Geschäftsjahr 2025. Unternehmen haben jedoch das Wahlrecht, von diesen erst ab dem Geschäftsjahr 2026 Gebrauch zu machen. Der weitere Prozess zur Omnibus-Verordnung rund um die CSRD sieht vor, dass der Ratsvorsitz in die sogenannten Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der Kommission eintreten. Voraussetzung ist die Einigung des EU-Parlaments auf eine gemeinsame Position. Mit einer finalen Abstimmung dazu wird Ende Oktober 2025 gerechnet. Die eigentlichen Trilogverhandlungen werden voraussichtlich nicht vor Ende des vierten Quartals 2025 beginnen.

Autorinnen: Dr. Katrin Meyer, Birte Knittel und Sophie Steinkat

 

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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