Grenzen der Satzungsautonomie bei der Trinkwasserversorgung: OVG Berlin-Brandenburg kippt Mengenbegrenzung

Am 8. Juli 2025 hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg (12 A 8/22) eine wegweisende Entscheidung zur kommunalen Wasserversorgung getroffen. Im Zentrum stand die Frage, ob ein Wasserverband durch Satzung den Trinkwasserbezug einzelner Grundstücke mengenmäßig begrenzen darf – und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen.

Der Fall: Normenkontrolle gegen Mengenbegrenzung

Drei Grundstückseigentümer im Gebiet des Wasserverbands Strausberg-Erkner hatten sich gegen Regelungen in der Wasserversorgungssatzung gewandt, die eine Höchstmenge für den Trinkwasserbezug vorsahen. Die Satzung delegierte die konkrete Festlegung dieser Mengen an die Verwaltung des Verbands – ohne nähere Maßstäbe oder Kriterien.

Die Entscheidung: Unbestimmtheit und Delegationsgrenzen

Das OVG erklärte die Regelungen zur Mengenbegrenzung für rechtswidrig. Die Satzung sei zu unbestimmt, da sie keine nachvollziehbaren Maßstäbe enthalte, nach denen die Höchstmenge festgelegt werde. Die Delegation an die Verwaltung sei zu weitgehend und verletze das Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit.

Zugleich bestätigte das Gericht, dass der Verband grundsätzlich berechtigt sei, bei Wasserknappheit verbrauchslenkende Maßnahmen wie Bewässerungsverbote oder zeitliche Einschränkungen zu ergreifen. Diese müssten jedoch verhältnismäßig und konkret geregelt sein.

Einordnung: Satzungsautonomie und Verwaltungsvollzug

Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen der kommunalen Satzungsautonomie. Während kommunale Körperschaften berechtigt sind, Regelungen zur Daseinsvorsorge zu treffen, dürfen sie die Konkretisierung wesentlicher Entscheidungen nicht vollständig dem Verwaltungsvollzug überlassen. Dies gilt insbesondere bei Eingriffen in Eigentumsrechte und Grundversorgungsleistungen.

Die Entscheidung ist auch im Kontext zunehmender Wasserknappheit und Klimaanpassung relevant. Sie zeigt, dass wasserwirtschaftliche Steuerungsinstrumente rechtlich möglich sind – aber transparente, nachvollziehbare und demokratisch legitimierte Regelungen erfordern.

Ausblick: Rechtssicherheit durch klare Satzungsregelungen

Für Wasserverbände und Kommunen ergibt sich daraus ein klarer Handlungsauftrag: Satzungen müssen klare Kriterien für Verbrauchsbegrenzungen enthalten, etwa gestaffelt nach Grundstücksgröße, Nutzung oder Haushaltsanzahl. Nur so lassen sich rechtssichere und zugleich wirksame Steuerungsmechanismen etablieren.

Die Revision wurde nicht zugelassen, eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist möglich. Unabhängig vom weiteren Verfahrensgang setzt das Urteil Maßstäbe für die Ausgestaltung kommunaler Wasserversorgungssatzungen in Zeiten wachsender Ressourcenkonflikte.

Autor: Philipp Hermisson
 

Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 3-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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