Haftungsfalle institutionelle Zuwendung?
Haftungsfalle institutionelle Zuwendung?
Problemaufriss
Institutionell geförderte Gesellschaften stehen regelmäßig vor dem strukturellen Problem, dass sie einerseits unternehmerisch handeln und langfristige Verpflichtungen eingehen müssen, andererseits aber haushaltsrechtlich an das Jährlichkeitsprinzip gebunden sind. Fördermittel werden in der Regel nur für ein Haushaltsjahr bewilligt, obwohl die tatsächliche Förderpraxis auf eine dauerhafte Unterstützung hinausläuft. Diese Diskrepanz kann zu erheblichen Unsicherheiten in der Geschäftsführung führen: Mietverträge, Personalentscheidungen oder Investitionen erfordern Planungssicherheit über mehrere Jahre.
Die Geschäftsführung bewegt sich damit in einem Spannungsfeld zwischen haushaltsrechtlicher Vorsicht und betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang ein Vertrauen auf die Fortsetzung der Förderung gerechtfertigt ist und ob sich daraus ein rechtlich relevanter Vertrauensschutz ableiten lässt. Gleichzeitig muss geprüft werden, ob unternehmerische Entscheidungen, die auf der Erwartung fortlaufender Förderung beruhen, durch die sog. „Business Judgement Rule“ gedeckt sind.
Zuwendungsrecht
Institutionelle Zuwendungen des Bundes unterliegen dem haushaltsrechtlichen Jährlichkeitsprinzip, das sich aus der Bundeshaushaltsordnung (BHO) und ihrer verfassungsrechtlichen Verankerung im Demokratieprinzip ergibt. Da der Bundestag den Haushalt jeweils nur für ein Jahr beschließt, darf die Exekutive grundsätzlich nur innerhalb dieses Zeitraums Ausgaben tätigen. Für Verpflichtungen, die über das laufende Haushaltsjahr hinausgehen, wären sogenannte Verpflichtungsermächtigungen erforderlich. Diese werden im Bundeshaushalt zwar für bestimmte Titel vorgesehen, jedoch in der Praxis nicht für institutionelle Förderungen genutzt. Infolgedessen können solche Zuwendungen rechtlich nur für ein Jahr bewilligt werden, obwohl sie faktisch oft auf eine Dauerförderung hinauslaufen. Die haushaltsrechtlichen Vorgaben gelten dabei nicht unmittelbar für die Zuwendungsempfänger, sondern werden über Nebenbestimmungen wie die ANBest-I in den Zuwendungsbescheid aufgenommen.
Diese rechtliche Konstruktion führt zu einer erheblichen Unsicherheit für die geförderten Einrichtungen. Zwar besteht kein Rechtsanspruch auf Anschlussbewilligung, doch wird durch die Aufnahme in den Kreis der institutionellen Zuwendungsempfänger faktisch eine langfristige Förderung erwartet. Um diesem Spannungsverhältnis Rechnung zu tragen, enthalten Zuwendungsbescheide regelmäßig Hinweise darauf, dass aus der aktuellen Bewilligung keine Rückschlüsse auf zukünftige Förderungen gezogen werden können. Teilweise wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kürzungen oder ein vollständiger Wegfall der Förderung möglich sind, und die Zuwendungsempfänger werden gebeten, dieses Risiko bei der Eingehung langfristiger Verpflichtungen – etwa bei Mietverträgen oder Personalentscheidungen – zu berücksichtigen. Damit bleibt die Planungssicherheit eingeschränkt, obwohl die Förderpraxis eine gewisse Kontinuität suggeriert.
Buisness Judgement Rule
Ein vollständiger Vertrauensschutz auf Weiterförderung lässt sich aus den Zuwendungsbescheiden nicht ableiten, da diese ausdrücklich auf mögliche Kürzungen oder den Wegfall der Förderung hinweisen. Dennoch ergibt sich aus der Förderpraxis und der Genehmigung des Wirtschaftsplans ein eingeschränkter Vertrauenstatbestand. Der Wirtschaftsplan spielt dabei eine zentrale Rolle: Er bildet die langfristigen Verpflichtungen ab und wird regelmäßig zur Grundlage der Zuwendungsbewilligung. Damit schafft der Zuwendungsgeber durch dessen Genehmigung eine gewisse Absicherung. Wo eine Abstimmung mit dem Zuwendungsgeber nicht möglich ist, empfiehlt sich aber eine risikominimierende Vertragsgestaltung – etwa durch Rahmenverträge ohne Abrufverpflichtung oder Kündigungsrechte bei Förderwegfall.
Die Business Judgement Rule (§ 93 I 2 AktG), die auch im GmbH-Recht Anwendung findet, bietet einen haftungsrechtlichen Maßstab: Entscheidungen sind zulässig, wenn sie auf angemessener Information beruhen und zum Wohle der Gesellschaft getroffen werden. Dazu gehört die Einschätzung der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit überjähriger Verträge, die Berücksichtigung der haushaltspolitischen Lage und die Abwägung zwischen Vertragslaufzeiten und Kosten. Ein Vertrauen in die Fortführung der Förderung ist subjektiv vertretbar, solange keine konkreten Hinweise auf deren Beendigung vorliegen. Die Genehmigung des Wirtschaftsplans und die institutionelle Förderung selbst begründen einen Vertrauenstatbestand, der die Umsetzung notwendiger Maßnahmen zur Sicherung des Geschäftsbetriebs rechtfertigt.
Fazit
Die Geschäftsführung institutionell geförderter Gesellschaften ist grundsätzlich überjährig handlungsfähig, jedoch unter spürbaren Einschränkungen. Hinweise des Zuwendungsgebers auf die Einjährigkeit von Förderzusagen, sind durchaus ernst zu nehmen. Dies führt zu einem strukturellen Zielkonflikt: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre eine langfristige, kostengünstige Vertragsbindung sinnvoll, doch im Zweifel muss die teurere, kurzfristige Option gewählt werden – ein Vorgehen, das mit dem Haushaltsprinzip von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in Konflikt stehen kann.
Autor: Dr. Berthold Haustein
Dies ist ein Beitrag aus unserem Public Sector Newsletter 4-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.