Der Verkauf des eigenen Unternehmens an externe Investoren ist für Familienunternehmer*innen ein einschneidendes Ereignis: persönlich, emotional, aber auch im Hinblick auf rechtliche oder steuerrechtliche Fragen. Drei Experten von Forvis Mazars beantworten die zentralen Fragen rund um den erfolgreichen Exit.
Irgendwann ist Schluss. In immer mehr mittelständischen Unternehmen geht die Verantwortung für die Firma jedoch nicht wie früher schablonenhaft von einer Generation auf die nächste über. Statt des Sohnes oder der Tochter übernehmen in mehr und mehr Fällen externe Investoren das Sagen. Doch häufig unterschätzten die Verkäufer den zeitlichen Vorlauf und die notwendige Vorbereitung ihres Ausstiegs. Das führt zu Abschlägen beim Kaufpreis oder im schlimmsten Fall zum Abbruch des Verkaufsprozesses. Wie sieht der idealtypische Exit aus? Welche zentrale Rolle spielt dabei das Accounting? Und warum ist besonders der Blick auf die Betriebsimmobilien so wichtig beim Firmenverkauf? Drei Experten von Forvis Mazars nehmen dazu Stellung: Torben Hofmayer, Partner Transaction Services, weiterhin Rechtsanwalt und Partner Ferdinand von Wrede sowie Daniel Elkind, Senior Manager M&A.
Torben Hofmayer, Partner Transaction Services bei Forvis Mazars
Wann ist eine Firma übergabereif an Externe?
Generell lässt sich sagen: Den optimalen Zeitpunkt für einen Firmenverkauf bestimmt nicht der 60., 65. oder 70. Geburtstag der Person an der Spitze. Vielmehr ergibt sich dieser aus der wirtschaftlichen Verfassung, in der sich die Firma gerade befindet. Das Unternehmen sollte an einem Entwicklungspunkt sein, der es für andere interessant macht. Für Finanzinvestoren sind dabei oft klar erkennbare Wachstums- und Skalierungspotenziale von primärer Bedeutung, für strategische Investoren können es auch Synergiepotenziale mit ihren bestehenden Aktivitäten sein.
In jedem Fall gilt: Diese Potenziale sollten in einem Verkaufsprozess transparent und belastbar aufgearbeitet werden. Es sollte insbesondere im Wachstums-Case gut erkennbar werden, dass Grundlagen zur Aktivierung des Potenzials gelegt sind, zum Beispiel über eine kontinuierliche Entwicklung neuer Produkte, die Potenziale selbst aber noch nicht gehoben wurden.
Dazu gehört auch eine entsprechend aufgearbeitete zahlenmäßige Darstellung des Unternehmens. Das beginnt mit einer fundierten Darstellung der historischen Entwicklung und setzt sich in einer daran konsistent anschließenden Planung fort. Den Aufwand dafür darf man nicht zu gering schätzen: Die Zahlen so aufzubereiten ist mitunter etwas ganz anderes als das, was in vielen inhabergeführten Unternehmen bis dato im Accounting getan wurde. Da gab es häufig ein steuerlich getriebenes, ansonsten auf ein Minimum reduziertes Accounting, ohne zusätzliche Controlling-Ebene und Sicht zum Beispiel auf einzelne Geschäftsbereiche und deren Profitabilität, ohne monatlich sauber abgegrenzte Umsatz- und Ergebniszahlen oder ohne konsolidierten Blick auf eine tatsächlich eng zusammenarbeitende Unternehmensgruppe. Und diese Zahlenwelt sollte nun „transaktionsfit“ gemacht werden, um die Erwartungshaltung möglicher Käufer in einer Due Diligence zu treffen und so einen erfolgreichen Transaktionsprozess zu fördern. Idealerweise ermöglicht das eine schnellere Integration in das regelmäßige Reporting des Käufers. Das braucht eine gute Vorbereitung in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht.
Welche Bewertungsmethoden eignen sich für den Firmenverkauf am besten?
Grundsätzlich eignen sich Methoden, die auf Ertrags- und Cashflow-Größen basieren. Für uns Wirtschaftsprüfer sind das Ertragswert- oder das Discounted-Cashflow-Verfahren die erste Wahl. In der Transaktionspraxis sind auch Multiplikatorverfahren sehr gebräuchlich. Letztlich ist die konkret gewählte Methode aber weniger entscheidend als die Geschäftsjahre, die wertbestimmend in die Bewertung einbezogen werden. Wenn ich ein Unternehmen, das vor der Eröffnung eines neuen Geschäftsbereichs oder der Vermarktung einer neuen, innovativen Produktlinie steht, bewerten will, unterscheidet sich der erwartete Unternehmenserfolg von morgen stark von der in der Vergangenheit herrschenden Situation. Je fundierter und nachvollziehbarer die Umsetzbarkeit dieses Wachstums-Cases gezeigt werden kann, desto eher lässt sich mit Käufern eine (höhere) Bewertung auf Basis der (besseren) Planzahlen aushandeln.
Ferdinand von Wrede, Rechtsanwalt und Partner bei Forvis Mazars
Immer häufiger steigen Private-Equity-Investoren bei deutschen Mittelständlern ein. Auf welche Aspekte sollten die übergebenden Unternehmer*innen besonders achten?
Ich möchte die Aussagen von Torben Hofmayer nochmals bekräftigen. Wichtig ist es, dass sich die Verkäufer eine zentrale Tatsache vor Augen führen: Finanzinvestoren stammen nur selten aus der jeweiligen Industrie und sind daher darauf angewiesen, dass die Informationen, Zahlen und Prognosen über das zu verkaufende Unternehmen aussagekräftig sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt, der im Vorfeld geklärt sein sollte, bevor ein Unternehmen an Finanzinvestoren herantritt: Die Verträge mit wichtigen Kunden und Lieferanten sollten nach Möglichkeit langfristig abgesichert sein und immaterielle Rechte wie Marken, Urheberrechte und Patente geschützt. Zudem ist die unternehmerische Führung langfristig abzusichern, sofern der*die Inhaber*in auch Geschäftsführer*in ist und nach dem Verkauf auch diese Rolle abgeben möchte. Daher gilt es, die interne oder externe Nachfolge rechtzeitig zu regeln und diese an das Unternehmen zu binden.
Zudem schätzen es viele Finanzinvestoren, wenn die bisherigen Eigentümer*innen nicht auf einen Schlag all ihre Anteile verkaufen, sondern etwa zu 20 oder 30 % noch beteiligt bleiben. Das verschafft nicht nur den Käufern ein gutes Gefühl und mehr Sicherheit. Es kann auch den Verkäufern nutzen. Denn gute Finanzinvestoren sind in der Lage, den Wert einer Firma erheblich zu steigern – das ist ihr Business und ihre Kernkompetenz. Wenn die Alteigentümer*innen dann nach ein paar Jahren ihre restlichen 20 oder 30 % verkaufen, können sie an diesem Wertzuwachs nochmals erheblich partizipieren.
Was sollten Unternehmer*innen im Vorfeld einer geplanten Transaktion bereits in Angriff nehmen, damit der spätere Deal nicht an rechtlichen Details zu scheitern droht?
Als Anwalt kann ich da nur antworten: Holen Sie möglichst frühzeitig kundige Rechtsberater*innen an Ihre Seite. Ich erlebe in der Beratungspraxis immer wieder, dass die Details einer Transaktion bereits im Rahmen einer Absichtserklärung weitgehend final besprochen wurden, ohne dass zuvor ein*e Rechtsexpert*in draufgeschaut hat. Das gilt im Besonderen für den oben skizzierten Fall, dass die Alteigentümer*innen nicht komplett aussteigen, sondern für eine bestimmte Zeit am Unternehmen beteiligt bleiben. Dies erfordert eine sehr austarierte Governance zwischen den Beteiligten. Unterschätzen sollten Firmenchef*innen auch nicht die Dauer eines Verkaufsprozesses: Vom Beginn der Planungen bis zum Closing vergehen im Schnitt gut anderthalb Jahre.
Daniel Elkind, Senior Manager M&A bei Forvis Mazars
Das Kapital vieler mittelständischer Firmen steckt zu großen Teilen in den Betriebsimmobilien. Wie erzielen Unternehmer*innen, die aussteigen möchten, hier ihren Wunschpreis beim Verkauf?
Wer eine Firma mit hohem Immobilienbestand verkaufen möchte, sollte sich eine zentrale Erkenntnis vor Augen führen: Typische Käufer sind an der Firma oder Teilen davon interessiert, betrachten die Betriebsimmobilie aber als optionalen Bestandteil einer Übernahme. Leider hängt gerade das Herz vieler Unternehmer*innen an betrieblich genutzten Gebäuden – seien es Verwaltungstrakte, Lagerflächen oder große Hallen als Produktionsstandort. Damit verbunden sind häufig Preisvorstellungen abgeleitet aus Immobilienbewertungen anhand von Multiplikatoren – mitunter sogar für die Sub-Klasse „Wohnen“. Das kann einen Transaktionserfolg schmälern.
Worauf gilt es beim Firmenverkauf mit hoher Immobilienquote daher besonders zu achten?
Wir empfehlen, den Verkauf des Unternehmens vom Verkauf der Immobilien und Grundstücke zu trennen – zeitlich, finanziell und rechtlich. Das sind zwei unterschiedliche Verfahren, mit unterschiedlichen Marktbedingungen und eigenen Konjunkturwellen sowie diversifizierten Investoren. Der Immobilienmarkt folgt teils eigenen Gesetzen. Eine Firma kann erfolgreich sein und damit sehr wertvoll zum Zeitpunkt des Verkaufs, der gewerbliche Immobilienmarkt aber gerade eine Talsohle durchschreiten. Deswegen sind zwei separate Prozesse ratsam, um dem Ziel der Kaufpreismaximierung am Ende nahezukommen. Außerdem stellen Unternehmer*innen, die übergeben wollen oder müssen, auf diese Weise sicher, dass die externe Nachfolgelösung nicht allein daran scheitert, dass die Immobilie im wahrsten Sinne des Wortes im Weg steht. Für Immobilien gibt es vielfältige Lösungsmöglichkeiten neben dem Verkauf – seien es Vermietung an Dritte oder Sale-and-Lease-Back-Transaktionen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass durch das Entflechten der beiden Verkaufsprozesse von Betrieb und Immobilieneigentum die gesamte Unternehmensnachfolge langwieriger und komplexer wird. Das wird ohne kundige M&A-Beratung nicht gelingen.
Mit dem Ausstieg aus der eigenen Firma beginnt für Unternehmer*innen eine neue Lebensphase. Viele sind darauf nicht richtig vorbereitet und unterschätzen die Tragweite der Themen, die sich durch die häufig gewählte neue Rolle als Investor*in ergeben. Die Nachfolge-Expert*innen Sybille Arnegger und Stephan Buchwald von Kontora Family Office sprechen im aktuellen Teil unserer Nachfolge-Serie über die...
Der deutsche Mittelstand steht vor einem entscheidenden Umbruch: In den nächsten Jahren suchen tausende Familienunternehmen Nachfolger*innen. Welche Erfolgsfaktoren sichern den Fortbestand des Lebenswerks? Erfahren Sie im ersten Teil unserer neuen Serie „Nachfolge XY ungelöst“, wie vorausschauende Planung, professionelle Beratung und klare Kommunikation den Unterschied machen.
Das Erfolgsgeheimnis, aber zugleich auch die größte Herausforderung für Familienunternehmen besteht darin, die Balance zu halten – zwischen notwendiger Transformation einerseits und dem Bewahren der oft über Jahrhunderte gewachsenen, familiengeprägten DNA andererseits. Beim 1849 gegründeten Technologiekonzern Freudenberg-Gruppe wachen der familiengeprägte Aufsichtsrat und Gesellschafterausschuss über...