Aufbau mit Anspruch: Was eine effiziente Steuerabteilung auszeichnet

Nicht jedes Unternehmen braucht eigene Steuerexpert*innen. Doch ab einem bestimmten Reifegrad spart das Bereitstellen internen Fachwissens langfristig Kosten. Wie sich Prozesse, Verantwortlichkeiten und Technologien so gestalten lassen, dass der Fachbereich produktiv und belastbar arbeitet – und wann externe Beratung dennoch unverzichtbar bleibt.

 

Fadi Ramadan kennt die Tücken des deutschen Steuerrechts. „Hierzulande herrscht eine extreme Sehnsucht nach steuerlicher Einzelfallgerechtigkeit“, konstatiert der Steuerrechtler und Partner bei Forvis Mazars. Die Folge: ein hochkomplexes Regelwerk, das selbst Fachliteratur, Verwaltung und Rechtsprechung gelegentlich zu widersprüchlichen Auslegungen kommen lässt. Für Unternehmen steigt damit das Risiko, ungewollt gegen Vorschriften zu verstoßen – mit möglicherweise erheblichen finanziellen und strafrechtlichen Konsequenzen.

Um das zu vermeiden, setzen viele Gesellschaften auf Tax-Compliance-Management-Systeme (Tax CMS, siehe Faktenbox) – strukturierte Rahmenwerke, die steuerliche Fehler verhindern und Haftungsrisiken minimieren sollen. „Klare Organisation, definierte Prozesse und eindeutige Verantwortlichkeiten sind zentrale Elemente eines solchen Systems“, erklärt Ramadan. Nur so könnten Vorstand, Geschäftsführung, Beirat und Aufsichtsrat sicherstellen, dass steuerliche Pflichten korrekt, vollständig und fristgerecht erfüllt werden.

Dafür benötigen sie nicht zwangsläufig eine eigene Steuerabteilung. „Es kann sinnvoll sein, vollständig auf externe Beratung zu setzen“, erläutert der Partner. Die Entscheidung hängt von Faktoren wie Unternehmensgröße, Reifegrad und Komplexität der steuerlichen Anforderungen ab – Start-ups oder kleinere Gesellschaften arbeiten deshalb häufig mit externen Spezialist*innen. Ein Schritt, der auch die Anforderungen an ein Tax CMS beeinflusst: Je mehr Tätigkeiten ausgelagert werden, desto weniger interne Strukturen und Kontrollmechanismen sind im Bereich Steuern erforderlich.

Kombination von Inhouse-Kompetenzen mit externer Expertise

Früher oder später erreicht jedoch ein Großteil der Unternehmen den Punkt, an dem es wirtschaftlicher ist, Steuerkompetenz auch intern bereitzustellen. Vor allem wiederkehrende, standardisierbare Aufgaben lassen sich laut Ramadan mit überschaubarem Ressourceneinsatz und geringem Risiko im eigenen Haus abwickeln. Ein klassisches Beispiel: die Umsatzsteuer-Voranmeldung – insbesondere dann, wenn auch die Finanzbuchhaltung intern organisiert ist.

Bei Großprojekten wie der Einführung eines neuen Enterprise-Resource-Planning-Systems (ERP-System) hingegen ist Unterstützung von außen meist unerlässlich. „Ohne spezialisierte steuerliche Beratung von Beginn an drohen gravierende Folgeprobleme“, warnt der Experte von Forvis Mazars. Auch bei komplexen Steuergestaltungen empfiehlt er, Beratungsfirmen einzubinden – vorrangig, um Risiken zu minimieren.

Denn durch die Einbindung externer Expert*innen erhöhe sich die steuerfachliche Würdigungsqualität. Die Einschätzung eines Sachverhalts gewinne dadurch zusätzliches Gewicht, etwa im Konfliktfall mit der Finanzverwaltung. Zugleich verlagert sich das Risiko einer fehlerhaften Beurteilung auf den Dienstleister, was mögliche finanzielle oder strafrechtliche Konsequenzen für das Unternehmen reduziert.

Doch wie muss eine Steuerabteilung aufgestellt sein, um im Alltag effizient zu funktionieren – und frühzeitig Themen zu erkennen, bei denen Expertise von außen vonnöten ist? Ramadan nennt drei wesentliche Voraussetzungen: verbindliche Führung, eine klare Organisation und ausreichende Ressourcen.

Blick über den Tellerrand zur Identifikation von Risiken

Führung bedeutet: Standards, Richtlinien und messbare Kriterien. Dazu zählen klare Vorgaben für Abläufe und Zuständigkeiten ebenso wie Indikatoren für Leistung und Qualität – etwa Termintreue, Korrektheit der Steuererklärungen oder die Ergebnisse von Betriebsprüfungen. „Verspätete Abgaben, häufige Nachzahlungen, wiederkehrende Feststellungen bei Betriebsprüfungen oder gar Strafverfahren sind eindeutige Warnsignale“, betont Ramadan. In solchen Fällen bestehe erhöhter Handlungsbedarf.

Die Organisationsebene betrifft interne Strukturen, Schnittstellen und Berichtslinien – innerhalb und außerhalb des steuerlichen Fachbereichs. Entscheidend ist Transparenz: Wer erledigt was, wann und wie? Nur wenn klar ist, wie Informationen zwischen Abteilungen fließen, lassen sich Risiken frühzeitig erkennen. Beispiel Vorsteuerabzug: Die Steuerabteilung ist auf die gewissenhafte Prüfung der Eingangsrechnungen angewiesen – eine Aufgabe, die häufig im Rechnungswesen liegt.

Beim Thema Ressourcen geht es um mehr als bloße Personalstärke. Qualifikation und technologische Infrastruktur sind essenziell. „Ein modernes Steuerwesen braucht ausgebildete Fachkräfte, aktuelles Fachwissen, verlässliche Datenquellen sowie leistungsfähige Technologien“, so Ramadan – Faktoren, die sich wechselseitig beeinflussen: Wer durch klugen Technologieeinsatz Prozesse automatisiert, spart nicht nur Zeit, sondern auch Personalkosten.

Möglichkeiten und Grenzen beim Einsatz künstlicher Intelligenz

Digitale Lösungen schaffen Effizienz – insbesondere bei wiederkehrenden Aufgaben wie der Rechnungsprüfung oder der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Fadi Ramadan empfiehlt deshalb eine systematische Bestandsaufnahme aller steuerrelevanten Vorgänge: „Der erste Schritt ist immer, Transparenz zu schaffen. Wer weiß, welche Aufgaben wie häufig anfallen und wo Schnittstellen bestehen, kann Prozesse standardisieren und automatisieren.“

Auch künstliche Intelligenz (KI) gewinnt an Bedeutung. KI-gestützte Systeme übernehmen erste Recherchen und liefern vorläufige Einschätzungen – mehr nicht. „Man sollte die Ergebnisse betrachten wie den Entwurf einer noch unerfahrenen Steuerfachkraft: als hilfreich, aber nicht belastbar“, mahnt Ramadan.

Der Aufbau, die Optimierung und Digitalisierung einer Steuerabteilung erfordern Investitionen – doch die zahlen sich aus, ist Ramadan überzeugt. Denn höhere Effizienz und geringerer Beratungsbedarf senken die Kosten. Darüber hinaus betont er einen strategischen Aspekt: „Mit der Komplexität des Steuerrechts wächst auch seine geschäftskritische Bedeutung.“ Damit wandelt sich auch die Bedeutung des Steuerbereichs: weg vom Erfüllungsgehilfen, hin zum strategischen Partner der Unternehmensführung.

Faktenbox: Tax CMS

Ein Tax-Compliance-Management-System (Tax CMS) hilft Unternehmen, ihre steuerlichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Es sorgt für klare Strukturen, effizientere Abläufe und mehr Rechtssicherheit – und senkt das Risiko von Nachzahlungen, Bußgeldern und einer persönlichen Haftung der Unternehmensorgane.

Zentrale Elemente eines Tax CMS:
1. Kultur: Tax Compliance muss Teil der Unternehmenskultur sein. Dazu gehören klare Regeln, ein System zur Ahndung von Verstößen und feste Abläufe, wie die Steuerabteilung bei wichtigen Entscheidungen eingebunden wird.
2. Ziele: Ein wirksames Tax CMS definiert, was der Steuerbereich leisten soll – und legt fest, wie das Unternehmen mit steuerlichen Risiken umgehen will.
3. Organisation: Zuständigkeiten müssen klar geregelt sein – ebenso wie die Struktur und Abläufe der Steuerabteilung. Wichtig sind auch die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie HR oder Buchhaltung sowie ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen.
4. Risiken: Risikobehaftete steuerrechtliche Sachverhalte müssen systematisch erfasst, dokumentiert und bewertet werden – je nach Geschäftstätigkeit etwa mithilfe einer Risiko-Kontroll-Matrix.
5. Programm: Gegen identifizierte Risiken braucht es konkrete Maßnahmen – etwa interne Richtlinien, Schulungen für Mitarbeiter*innen und wirksame Kontrollen. All das sollte im Tax-Compliance-Programm dokumentiert sein.
6. Kommunikation: Wer was meldet – und an wen – muss klar geregelt sein. Das betrifft interne und externe Berichtspflichten, den Umgang mit steuerlichen Risiken sowie die Information der Mitarbeiter*innen über Rollen, Verantwortlichkeiten und steuerliche Vorgaben.
7. Überwachung und Verbesserung: Ein Tax CMS muss regelmäßig überprüft werden – ebenso wie die zugehörigen Prozesse im Unternehmen. Erkenntnisse über Mängel und Verstöße fließen idealerweise direkt in die Weiterentwicklung des Systems ein.
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