Begleichung des Mietrückstands innerhalb der gesetzlichen „Schonfrist“

BGH bestätigt: Begleichung des Mietrückstands innerhalb der gesetzlichen „Schonfrist“ schafft nur die außerordentliche Kündigung aus der Welt, nicht jedoch eine zugleich hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung

Das Wohnungsmietrecht ist vom Gesetzgeber bekanntlich mieterfreundlich ausgestaltet. Gerade was Regelungen zur Kündigung anbelangt, ist das zentrale gesetzgeberische Ziel die Vermeidung plötzlicher Obdachlosigkeit. Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen der Mietrechtsreform im Jahr 2001 u. a. der § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eingefügt. Dieser sieht vor, dass eine bereits ausgesprochene Kündigung unwirksam wird, sollte der*die Mieter*in den fälligen Mietrückstand innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs vor Gericht begleichen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich jüngst noch einmal mit der Frage zu befassen, ob neben der außerordentlichen Kündigung auch eine zugleich hilfsweise ausgesprochene ordentlich Kündigung des Vermieters unwirksam wird (Urteil vom 23. Oktober 2024 – VIII ZR 177/23).

Sachverhalt

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in Berlin, die Klägerin deren Eigentümerin und Vermieterin. Nachdem die Beklagte die Mieten für die Monate Januar und Februar 2022 nicht gezahlt hatte, erklärte die Klägerin die außerordentliche fristlose sowie hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Wenige Tage später glich die Beklagte den vorgenannten Mietrückstand vollständig aus. Die Vermieterin reichte dennoch eine Räumungsklage ein.

Das Amtsgericht Berlin-Kreuzberg hat in erster Instanz der Räumungsklage stattgegeben; jedenfalls die ordentliche Kündigung „bleibe stehen“. Das Landgericht Berlin hat das Urteil in der Berufungsinstanz indes aufgehoben und die Räumungsklage abgewiesen. Sofern sich sowohl die außerordentliche fristlose Kündigung (wegen erheblicher Mietrückstände im Sinne von § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) als auch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung (wegen allgemeinerer Verletzung vertraglicher Pflichten im Sinne eines unzuverlässigen Zahlungsverhaltens gemäß § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB) auf denselben Mietrückstand stützen würden, könne es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass die Begleichung desselben nur die eine Kündigung aus der Welt schaffe. Hierbei distanzierte sich das Landgericht in auffälliger Weise von der in diesem Kontext bereits ergangenen Rechtsprechung des BGH.

In der Revisionsinstanz musste sich der BGH nun noch einmal zu einer klaren Linie bekennen und eine diesbezügliche „Weichenstellung“ vornehmen.

Inhalt der Entscheidung

Der BGH lässt die Auffassung der 66. Kammer des Landgerichts entschieden „abperlen“ und bekennt sich zu seiner vorangegangenen Rechtsprechung (Urteile vom 13. Oktober 2021 – VIII ZR 91/20 sowie vom 5. Oktober 2022, VIII ZR 307/21). Er stellt klar, dass ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle nur Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung habe. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei auf eine ordentliche Kündigung weder direkt noch analog anwendbar.

Der BGH verweist darauf, dass die beschränkte Wirkung des Nachholrechts des Mieters dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers entspreche. Es treffe nicht zu, dass der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu diesem Punkt geschwiegen und er der freien Auslegung durch die Gerichte zugänglich sei. Vielmehr müsse sich der an Gesetz und Recht gebundene Richter (ergo das Landgericht Berlin) an den Willen des Gesetzgebers halten und könne diesen nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen.

Fazit und Empfehlung für die Praxis

Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist aus Vermietersicht ein „scharfes Schwert“: Der Mieter kann eine – gegebenenfalls bereits vor Monaten – ausgesprochene außerordentliche Kündigung durch Begleichung des Mietrückstands noch im Räumungsprozess unwirksam werden lassen. Dies kann sowohl den*die Vermieter*in als auch den*die gegebenenfalls bereits „in den Startlöchern“ stehende*n Nachmieter*in in eine ausgesprochen missliche Lage bringen.

Aus diesem Grund ist es für Vermieter*in von entscheidender Bedeutung, vorsorglich immer zugleich hilfsweise die ordentliche Kündigung mit der gesetzlichen Kündigungsfrist auszusprechen. Denn klar ist nach der Entscheidung des BGH, dass dem*der Mieter*in die Abwendung der außerordentlichen Kündigen dann nur einen vorübergehenden Aufschub bringt. Zudem kann der*die Mieter*in von der „Schonfristzahlung“ auch nur einmal innerhalb von zwei Jahren Gebrauch machen (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB).

Autor: David Pamer

Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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