Keine erweiterte Kürzung bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages im Vorerhebungszeitraum

FG Berlin-Brandenburg: Keine erweiterte Kürzung bei Abschluss des Grundstückskaufvertrages im Vorerhebungszeitraum, wenn das zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentum am Grundstück erst im Laufe des Erhebungszeitraums übergeht

Mit Urteil vom 5. November 2024 (8 K 8179/22) hat das Finanzgericht(FG) Berlin-Brandenburg die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für den Fall abgelehnt, dass das wirtschaftliche Eigentum an einem Grundstück zwar erst im laufenden Erhebungszeitraum auf den Kläger überging, schuldrechtlich das Grundstück aber bereits im Vorerhebungszeitraum erworben wurde.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde am 5. November 2018 gegründet und schloss wenige Tage nach der Gründung einen notariellen Kaufvertrag über den Erwerb von drei Immobilien. Nutzen und Lasten an den Immobilien gingen erst Anfang Mai 2019 auf die Klägerin über.

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Die Grundstücke in der G-Straße und H-Straße 1 waren jeweils mit Mehrfamilienhäusern bebaut. Das Grundstück H-Straße 2 war unbebaut.

Zeitgleich erwarb die Klägerin 21 Sondereigentumseinheiten der Eigentümergemeinschaft „I-Straße / J-Straße“. Der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten erfolgte ebenfalls Anfang Mai 2019. In dem Zeitraum ab dem 1. Januar 2019 übernahm die Klägerin jedoch in einem Objekt – im Einverständnis und mit Vollmacht des Eigentümers – hausverwaltende Tätigkeiten, schloss einen Maklervertrag ab und leitete ein Genehmigungsverfahren für eine Umnutzung ein.

Mitte Juli 2019 veräußerte die Klägerin die Grundstücke H-Straße 1 und 2 sowie sämtliche Sondereigentumseinheiten in der I-Straße / J-Straße.

Für 2019 begehrte die Klägerin die erweiterte Grundstückskürzung. Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sind die Erträge aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes bei Unternehmen gewerbesteuerfrei, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes errichten und veräußern (sog. erweiterte Grundstückskürzung).

Die Finanzverwaltung versagte diese. Zum einen läge ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Zum anderen habe die Klägerin im Erhebungszeitraum 2019 nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz genutzt und verwaltet, da das wirtschaftliche Eigentum am ersten Grundstück erst im Mai 2019 auf die Klägerin überging.

Entscheidungsgründe

Das FG Berlin-Brandenburg wies die Klage als unbegründet ab.

Die Klägerin habe nicht während des gesamten Erhebungszeitraumes 2019 eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt. Die zeitliche Komponente des Ausschließlichkeitserfordernisses besage, dass die erweiterte Kürzung nicht gewährt werden könne, wenn die Grundstücke erst im Laufe des Erhebungszeitraumes erworben würden. Daran ändere auch nicht die im Vorfeld des Nutzen-Lasten-Wechsels durchgeführten Maßnahmen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb. Denn die erweiterte Kürzung setze jedenfalls eine Grundstücksnutzung im Sinne einer Fruchtziehung voraus. Diese begann aber erst mit dem Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundbesitz und nicht bereits mit den vorbereitenden Maßnahmen.

Das FG Berlin-Brandenburg konnte damit dahinstehen lassen, ob die Klägerin darüber hinaus im Sinne der Drei-Objekt-Grenze originär gewerblich tätig war.

Einordnung

Das FG Berlin-Brandenburg hat die Revision zugelassen. Das BFH-Verfahren wird unter dem Aktenzeichen III R 40/24 geführt.

Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof (BFH) an seinen strengen zeitlichen Anforderungen an das Merkmal der ausschließlichen Grundstücksverwaltung auch dann festhalten wird, wenn ein schuldrechtlich bindender und immerhin notariell beurkundeter Kaufvertrag bereits im Vorerhebungszeitraum geschlossen wurde.

Nach unserer Auffassung wäre eine Auflockerung des zeitlichen Aspekts in diesen – praktisch eher seltenen – Fällen begrüßenswert, da es anderenfalls von Zufällen abhängen kann, ob der Steuerpflichtige tatsächlich im gesamten Erhebungszeitraum grundstücksverwaltend und -nutzend tätig ist. Dies sollte erst recht gelten, wenn der Steuerpflichtige im Zeitraum von Beginn des Erhebungszeitraumes bis zum Eigentumsübergang – wie vorliegend – bereits grundstücksverwaltend tätig ist.

Bis zu einer finalen Entscheidung des BFH gilt weiterhin, dass zwingend darauf zu achten ist, dass der Eigentumsübergang an dem ersten Grundstück bereits zu Beginn des Erhebungszeitraums vorliegt, um die erweiterte Kürzung nicht zu gefährden.

Sollte der BFH allein die Grundstücksverwaltung im Rahmen des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für ausreichend halten, bleibt der Sachverhalt darüber hinaus spannend: Das FG Berlin-Brandenburg hatte in der Vergangenheit eine Wiederholungsabsicht im Rahmen der Drei-Objekt-Grenze bejaht, wenn auf Ebene der Leitungsorganen innerhalb eines Konzerns Personenidentität besteht. Im vorliegenden Sachverhalt wurden Mitte 2019 sämtliche Objekte im Sinne der Drei-Objekt-Grenze innerhalb eines Kaufvertrages an nur einen Erwerber veräußert. Es spricht daher viel dafür, dass eine nachhaltige Tätigkeit nicht gegeben war. Hieran sollte auch nichts ändern, dass die Geschäftsführungen der Veräußerer-Gesellschaften teilweise identisch waren.

Autor*innen: Thomas Dennisen, Kristina Frankus

Dies ist ein Beitrag aus unserem Immobilienrecht Newsletter 2-2025. Die gesamte Ausgabe finden Sie hier. Sie können diesen Newsletter auch abonnieren und erhalten die aktuelle Ausgabe direkt zum Erscheinungstermin.

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