BGH: Auch die Begründung von Teileigentum lässt ein Vorkaufsrecht des Wohnungsmieters entstehen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (Urteil vom 21. Mai 2025 – VIII ZR 201/23), dass in analoger Anwendung von § 577 BGB auch dann ein Vorkaufsrecht des Mieters entstehen kann, wenn anstelle von Wohnungseigentum Teileigentum an zu Wohnzwecken vermieteten Räumlichkeiten begründet wird.

Sachverhalt

Der Sachverhalt wird hier verkürzt auf das Kernproblem des Vorkaufsrechts dargestellt. Der Mieter und Kläger wohnte seit mehreren Jahren in einer Wohnung eines Mehrparteienhauses. Der Verkäufer und Beklagte teilte das Haus auf und verkaufte die acht Einheiten an einen Investor. Allerdings hatte der Verkäufer kein Sondereigentum an der Wohneinheit des Mieters begründet, sondern Teileigentum. Unzweifelhaft schied eine direkte Anwendung des § 577 BGB (Vorkaufsrecht bei Begründung von Wohnungseigentum nach Überlassung der Wohnung) aus. Fraglich war daher, ob die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 577 BGB (Vorkaufsrecht bei Begründung von Teileigentum nach Überlassung der Wohnung) vorlagen.

Einordnung

Der BGH hatte in der Vergangenheit bereits entschieden, dass das Vorkaufsrecht des § 577 BGB entsprechend auf die Realteilung eines mit zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhäusern bebauten Grundstücks Anwendung findet. Der in der Literatur bereits herrschenden Auffassung folgend hat er nun entschieden, dass das Mietervorkaufsrecht auch dann Anwendung findet, wenn an den vermieteten Wohnräumen statt Wohnungseigentum Teileigentum begründet werden soll.

Inhalt der Entscheidung

Nach dem BGH sei von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Ein Vorkaufsrecht des Mieters habe der Gesetzgeber erstmals 1980 für Mieter von Sozialwohnungen bei deren Umwandlung in Eigentumswohnungen für den preisgebundenen öffentlich geförderten Wohnraum geregelt und dieses sodann in der Folge 1993 auf den frei finanzierten oder bindungsfrei gewordenen Wohnungsbestand erweitert. Er habe diese Ausdehnung damit begründet, dass der Schutz des Mieters vor einer Verdrängung im Zusammenhang mit einer Umwandlung bei frei finanzierten Wohnungen nicht weniger dringlich sei als bei Sozialwohnungen.

Die Gesetzesmaterialien würden keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass der Gesetzgeber bei dem von ihm bezweckten Schutz des Mieters den Umstand bedacht hätte, dass die zu Wohnzwecken vermieteten Räume nicht – wie dies angesichts der bisherigen Nutzung zu erwarten gewesen wäre – in Wohnungseigentum, sondern in Teileigentum umgewandelt werden könnten. Es könne daher nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe den Mieter durch die Einführung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts zwar bei der Begründung von Wohnungseigentum schützen, von einem solchen Schutz bei der Begründung von Teileigentum an den zu Wohnzwecken vermieteten und genutzten Räumen hingegen bewusst absehen wollen. Denn in beiden Fällen steht dem Mieter nach einem Verkauf ein neuer Vermieter gegenüber, der sich – soweit die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind – auf Eigenbedarf oder ein sonstiges zur Kündigung berechtigendes Interesse berufen kann.

Fazit und Ausblick

Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Auch Teileigentum kann bei entsprechender Vereinbarung als Wohnraum vermietet und genutzt werden. Im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm des § 577 BGB sollte daher nur die tatsächliche Nutzung (Wohnen) durch den*die Mieter*in entscheidend sein.

Autor: Christoph von Loeper

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